Sekula ist zuständig für Leistungsempfänger unter 25 Jahren. Sie versuche, junge Menschen möglichst früh zu erreichen und von Jugendlichen als Ansprechpartnerin gesehen zu werden. Sie spricht laut und schnell, ihr Ton ist rau. „Mach mal hinne, Alter“, blafft sie einen jungen Mann an, der alle Fristen für eine Ausbildung verpasst hat und sich nun über Alternativen informieren will.
Sie arbeite mit Jugendlichen, denen könne sie nicht mit Behörden-Sprech kommen, so Sekula. Sie bemühe sich, Förderungen für ihre Klienten zu organisieren. Doch das sei mit viel bürokratischem Aufwand und internen Kämpfen verbunden. Sekula nennt das Jobcenter ein „Behördenmonster“ – und sich selbst einen „Behördenfreak“. Ihre Rolle sieht sie darin, das „Monster“ für Leistungsempfänger zu bändigen. „Nutzt mich doch aus“, fordere sie ihre Klienten heraus.
So habe kürzlich ein Jugendlicher wissen wollen, wie viel er neben der Schule verdienen könnte, bevor das Bürgergeld seiner Eltern gekürzt würde. „Alter, kann ich dir gar nicht sagen, aber klär‘ ich“, so Sekula. Sie habe vier Monate Zeit sowie die Hilfe von mehreren Kollegen, der Rechtsabteilung und der Geschäftsführung gebraucht, bis sie endlich eine Antwort geben konnte. Sekula zeigt stolz den Flyer, in dem sie die Höhe der Freibeträge aufgelistet hat: „Den benutze ich in jedem Gespräch“ sagt sie.
Doch nicht mehr lange. Denn mit der Reform dürften sich viele Regeln und Grenzen wieder ändern. „Wir müssen nächstes Jahr alle unsere Flyer neu machen“, vermutet sie.
Der Chef von Susanne Sekula und Barbara Rauchut sitzt im Jobcenter auf der fünften Etage. Stephan Felisiak ist seit 2005 Geschäftsführer des Jobcenters und blickt gelassen auf die Reform zur neuen Grundsicherung. Er habe weit über 100 Änderungen mitgemacht und könne bekunden: „Nach der Reform ist vor der Reform“. Eine verantwortliche Weiterentwicklung sei notwendig, aber müsse mit Augenmaß und Bedacht durchgeführt werden, sagt der 64-Jährige.
Doch er befürchte, dass es an der Umsetzung haken werde. Das IT-System sei hochkomplex und werde zentral von der Bundesagentur für Arbeit gesteuert. Ein großer Umbau, wie ihn die Reform vorsieht, könnte lange dauern und den Mitarbeitern das Leben vorübergehend noch schwerer machen. Diese könnten ein Lied davon singen, wie Änderungen an der IT-Infrastruktur Behelfslösungen erzwingen würden, die alles nur noch umständlicher machten.
Doch Felisiak hofft darauf, dass die Reform gelingt und künftig Gesetze vereinfacht werden und Bürokratie abgebaut wird. „Es wäre toll, wenn wir langfristig mehr Menschen aus der Leistungsbearbeitung zu Vermittlungsfachkräften umschulen könnten“, sagt er. Diese könnten sich dann wieder dem Hauptgeschäft widmen: Menschen in Arbeit zu bringen.
Für eine Fachkraft braucht Felisiak jedoch schon früher Ersatz: Barbara Rauchut. Die Fallmanagerin geht Ende des Jahres in Rente. Dann muss jemand anderes Marcel W. in Richtung einer Anstellung schubsen.
Wenn Sie selbst Bürgergeld empfangen und über Ihre Erfahrungen mit dem Jobcenter berichten wollen, schreiben Sie mir eine Nachricht an: jakob.hartung@stroeer.de










