Sahra Wagenknecht will mit ihrem „links-konservativen“ BSW die deutsche Politik neu vermessen. Was hat sie vor, wenn sie im Osten plötzlich mitregiert? Ein Gespräch über neue Machtoptionen, alte Forderungen und das Vorbild Markus Söder.

In ihrer alten Partei war sie isoliert, mit ihrer neuen könnte sie schon bald regieren: Sahra Wagenknecht und ihr neu gegründetes BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) kommen in Sachsen und Thüringen mittlerweile auf zweistellige Werte – und könnten das Zünglein an der Waage bei den anstehenden Ost-Wahlen sein.

Wagenknecht, die noch mit den Geburtswehen einer Parteigründung zu tun hat, muss plötzlich Leute finden, die eine Regierung bilden könnten. Im Interview mit t-online wirkt die ehemalige Linkenpolitikerin kontrolliert und wach, obwohl, wie sie sagt, eine „Horrorwoche“ hinter ihr liege. Sie spricht über eine mögliche Koalition mit der CDU in Sachsen, „ideologiegetriebene“ Politik der Grünen und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sie fordert Verhandlungen, aber auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine – und erklärt, unter welchen Bedingungen auch Nato-Staaten die Ukraine militärisch verteidigen sollten.

t-online: Das BSW könnte bei den anstehenden Wahlen in Ostdeutschland das Zünglein an der Waage werden, eventuell sogar mit in die Regierung gehen. Hat Ihre Partei dafür überhaupt genug erfahrene Leute?

Sahra Wagenknecht: Die Umfragewerte sind ein großer Vertrauensvorschuss. Das freut mich sehr. Ich habe aber auch großen Respekt davor. Auf unseren Wahllisten werden viele stehen, die nicht aus der Politik kommen. Kompetente Bürgerinnen und Bürger aus der Mitte der Gesellschaft, die bisher als Unternehmer, Krankenschwester, Lehrer, Arzt oder Handwerker gearbeitet haben. Solche Menschen gehören in die Parlamente.

Sie wären zu einer Regierungsbeteiligung also noch nicht fähig?

Doch, selbstverständlich. Auf unseren Listen werden auch Persönlichkeiten mit politischer und administrativer Erfahrung kandidieren, wie die Oberbürgermeisterin von Eisenach, Katja Wolf, auch andere ehemalige Bürgermeister und langjährige Kommunalpolitiker. Gerade diese Mischung aus Erfahrenen und Neueinsteigern macht das Neue und den Charme unserer Partei aus.

Ist denn eine Koalition mit der CDU in Thüringen oder Sachsen für Sie denkbar?

Denkbar ist vieles, wenn es zu einem echten politischen Neubeginn und spürbaren Verbesserungen für die Menschen führt. Wir werden allerdings keine fügsamen Mehrheitsbeschaffer sein, egal für wen, sondern nehmen ernst, was wir den Menschen im Wahlkampf versprechen.

Was wären Ihre Forderungen?

Wir brauchen eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Kleine und mittlere Unternehmen müssen stärker unterstützt, bürokratische Zumutungen abgebaut werden. Das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene muss zurückgenommen werden. Eine Landesregierung, an der wir uns beteiligen, muss die Bundesregierung über den Bundesrat in dieser Frage zum Handeln zwingen. Außerdem brauchen wir eine radikal andere Bildungspolitik. Es muss wieder so sein, dass Schüler in der Grundschule erst einmal ordentlich lesen, schreiben und rechnen lernen. Die Vermittlung dieser elementaren Kenntnisse muss im Mittelpunkt stehen und nicht eine wolkige „Kompetenzorientierung“.

Wenn Herr Kretschmann von den Grünen meint, Kinder müssten heute keine Rechtschreibung mehr können, weil es ja die Autokorrektur gibt, zeigt das den ganzen Irrsinn grüner Bildungspolitik, die leider die Lehrpläne in vielen Bundesländern bestimmt. Auch bei der Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt oder beim Thema innere Sicherheit muss sich vieles verbessern: Wir brauchen sichere Straßen und Wohnviertel und dafür in problematischen Bereichen auch mehr Polizeipräsenz.

Das dürfte für die CDU attraktiv klingen. Noch mal die Frage: Kommt eine Koalition mit der Union für Sie infrage?

Wir sagen nicht „Ja“ oder „Nein“ zur CDU, sondern „Ja“ zu einer vernünftigen Politik. Wenn die CDU bereit ist, die mit uns zu gestalten, werden wir mit ihr über konkrete Inhalte sprechen.

Das Sympathische an Ostdeutschland ist, dass sich diese Frage gar nicht stellt, weil die Grünen nach den aktuellen Umfragen in den künftigen Landtagen wohl nicht vertreten sein werden. Zu Recht, denn die Grünen sind der Inbegriff inkompetenter, ideologiegetriebener Politik.

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