Einnahme in der Schwangerschaft

Paracetamol und neurologische Störungen: Studie gibt Entwarnung


07.11.2025 – 13:05 UhrLesedauer: 3 Min.

Paracetamol in der Schwangerschaft: Das Medikament sollte so selten, so kurz und so niedrig dosiert wie möglich eingenommen werden.

Paracetamol in der Schwangerschaft: Das Medikament sollte so selten, so kurz und so niedrig dosiert wie möglich eingenommen werden. (Quelle: dragana991/getty-images-bilder)

Paracetamol gehört zu den am häufigsten verwendeten Schmerzmitteln. Doch bei Schwangeren führten jüngere Forschungen immer wieder zu Verunsicherung.

Fieber, Kopfweh oder Gliederschmerzen: Paracetamol gilt bei Schwangeren als Mittel der Wahl. Es wirkt schnell, reizt den Magen kaum und ist rezeptfrei erhältlich. Doch wie sicher ist die Einnahme für das ungeborene Kind? US-Präsident Donald Trump und sein Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. machen das Schmerzmittel für den Autismus-Anstieg in den USA verantwortlich.

Wissenschaftliche Studien sprechen allerdings eine weniger eindeutige Sprache. Nun entkräftet eine neue, internationale Übersichtsstudie den Einfluss von Paracetamol auf das Autismus-Risiko. Dafür allerdings wurde ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Paracetamol-Gebrauch in der Schwangerschaft und ADHS bei Kindern gefunden. Doch die Aussagekraft dieses Ergebnisses ist laut den Autoren begrenzt. Die Studie wurde kürzlich im Fachmagazin „American Academy of Child and Adolescent Psychiatry“ veröffentlicht.

Das internationale Forschungsteam um die kanadische Epidemiologin Anick Bérard hat die bisherige Studienlage umfassend untersucht. Insgesamt 16 hochwertige Studien mit Daten von über 2,6 Millionen Kindern flossen in die neue Auswertung ein. Die zentrale Frage: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft und der späteren Entwicklung neurologischer Störungen wie ADHS oder Autismus beim Kind?

Die Antwort ist differenziert. Die Analyse zeigte: Für neurologische Störungen wie Autismus oder Sprachentwicklungsverzögerungen ließ sich kein Zusammenhang nachweisen. Allerdings hatten Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hatten, ein leicht erhöhtes Risiko, später an ADHS zu erkranken. Der berechnete Risikoanstieg lag bei 17 Prozent.

Den Studienautoren zufolge sei das zwar ein signifikanter, aber eher schwacher Zusammenhang. Sie weisen zudem darauf hin, dass die beobachtete Verbindung von Paracetamol und ADHS mit Vorsicht zu interpretieren ist. Denn viele der eingeschlossenen Einzelstudien sind mit methodischen Unsicherheiten behaftet. Zum Beispiel lässt sich die genaue Dosierung, Häufigkeit und der Zeitpunkt der Paracetamol-Einnahme während der Schwangerschaft oft nur schwer erfassen.

Auch weisen die Autoren auf zwei kleinere Studien in ihrer Übersichtsarbeit hin, in denen Geschwister als Kontrollgruppe eingesetzt wurden. Bei diesen Studien konnte kein signifikanter Anstieg des ADHS-Risikos im Zusammenhang mit einer Exposition gegenüber Paracetamol im Mutterleib festgestellt werden.

Dieses Ergebnis haben auch schon frühere Studien gezeigt. Forscher schließen daraus, dass andere Faktoren wie etwa Infektionen der Mutter, genetische Faktoren oder Lebensstil den beobachteten Zusammenhang eher erklären könnten und nicht das Paracetamol selbst.

Was bedeutet das nun für Schwangere? David Coghill, Inhaber des Lehrstuhls für Entwicklungspsychiatrie der Financial Markets Foundation an der Universität Melbourne, nannte die Studie in „News Medical“ „wegweisend“. Sie unterstreiche die Bedeutung solider wissenschaftlicher Erkenntnisse und strenger Methoden. „Das Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft und dem Risiko für Autismus und ADHS beim Kind besteht, ist nicht überraschend. Diese neuen Erkenntnisse bestärken die Position von Fachorganisationen und Aufsichtsbehörden weltweit, dass Frauen Paracetamol während der Schwangerschaft weiterhin bedenkenlos einnehmen sollten. Die Tatsache, dass sie den jüngsten Ankündigungen der US-Regierung widersprechen, muss anerkannt und entsprechend gehandelt werden.“

Die aktuellen Empfehlungen von Fachgesellschaften wie dem Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité oder der European Medicines Agency (EMA) bleiben daher bestehen: Paracetamol kann in der Schwangerschaft weiterhin eingesetzt werden – aber wie bei allen Medikamenten so selten, so kurz und so niedrig dosiert wie möglich. Auch sollte es nicht ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden. Vor allem bei Fieber, das selbst ein Risiko für das Ungeborene darstellen kann, bleibt das Mittel wichtig.

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