Es ist der zweite aufsehenerregende Spionage-Verdacht binnen zwei Tagen. Ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Krah soll für China gearbeitet haben. Rufe nach weiteren Konsequenzen werden laut.

Ein Mitarbeiter des deutschen AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah ist wegen des Verdachts der Spionage für China festgenommen worden. Über die Festnahme am Vorabend in Dresden berichtete der Generalbundesanwalt (GBA) ohne Krah zu nennen. Der Festgenommene soll laut GBA Informationen aus dem Europäischen Parlament weitergegeben haben.

Krah selbst reagierte zunächst zurückhaltend auf Meldungen über die Festnahme eines Mitarbeiters. Bei X (früher Twitter) schrieb der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl: „Von der Festnahme meines Mitarbeiters Jian Guo habe ich heute Vormittag aus der Presse erfahren. Weitere Informationen liegen mir nicht vor. Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen.“ Der „Bild“-Zeitung sagte Krah am Flughafen in Straßburg, sein Mitarbeiter habe seiner Kenntnis nach nur „Kontakte zu offiziellen chinesischen Stellen in der Botschaft“ gepflegt.

Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben

Der Mitarbeiter wurde laut Bundesanwaltschaft vom Landeskriminalamt Sachsen am Montag in Dresden festgenommen. Wohnungen des Beschuldigten wurden demnach durchsucht. Laut GBA wird ihm Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt.

Der deutsche Staatsangehörige Guo soll Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes sein. Seit 2019 soll er für ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments gearbeitet haben, laut ARD und „Zeit“ schon damals für Krah. Seit vergangenem Januar soll er laut Generalbundesanwalt wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben. Zudem habe er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht, hieß es. Im Laufe des Tages sollte er dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden.

Krah auf dem Weg zu Krisengespräch in Berlin

Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es: „Die Meldungen über die Verhaftung eines Mitarbeiters von Herrn Krah wegen Spionageverdachts sind sehr beunruhigend. Da uns derzeit noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten.“ Ein AfD-Sprecher sagt, die Partei werde alles unternehmen, um die Aufklärung zu unterstützen.

Die Parteispitze setzte ein Krisengespräch an. Krah sei auf dem Weg nach Berlin, teilten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla vor einer Sitzung der AfD-Bundestagsfraktion mit. „Wir werden uns heute Abend oder spätestens morgen früh mit ihm zusammensetzen“, sagte Chrupalla. „Wir sehen es als absolut beunruhigend an, wenn natürlich ein Mitarbeiter hier festgenommen wurde (…)“. Auf Fragen von Journalisten, ob Krah noch der richtige Spitzenkandidat sei, gingen Chrupalla und Weidel nicht ein und kündigten eine Stellungnahme nach dem Gespräch für „spätestens Mittwochmorgen“ an.

Krahs Rückzug als AfD-Spitzenkandidat gefordert

Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte: „Sollte sich der Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Spionagevorwürfe „äußerst schwerwiegend“. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es sei traurigerweise nicht überraschend, „dass wir in den letzten Monaten vermehrt sehen, was vorher schon viele wussten, dass Antidemokraten weltweit versuchen, Demokratien auch von innen auszuhöhlen durch unterschiedliche Mittel“.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer reagierte empört. „Wer spioniert, wer sich bestechen lässt, schadet Deutschland, verrät die Menschen und unser Land“, erklärte der CDU-Politiker im sächsischen Schmilka. „Ich halte das für widerwärtig und charakterlos.“

Scharfe Kritik kam auch von anderen Politikern, die teils Krahs Rückzug forderten. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte der „Rheinischen Post“: „Es ist absolut indiskutabel, einen Spitzenkandidaten zu haben, der sich mit derartigen Vorwürfen auseinanderzusetzen hat.“ Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte auch den AfD-Europakandidaten Petr Bystron, der sich Vorwürfen erwehrt, möglicherweise Geld für prorussische Propaganda bekommen zu haben: „Beide müssten nach menschlichem Ermessen ihre Kandidatur niederlegen, statt unserem Land weiter zu schaden“, sagte sie dem Berliner „Tagesspiegel“.

Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der AfD eine Gefahr für die nationale Sicherheit. „Es braucht dringend Aufklärung über die undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu Vertretern Russlands und Chinas“, schrieb er bei X. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der „Rheinischen Post“, die AfD versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen Machenschaften.

Weitere Fälle von China-Spionage

Bereits am Vortag waren drei mutmaßliche Spione für China in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft hatte die drei Deutschen wegen Spionageverdachts festnehmen lassen. Die beiden Männer und eine Frau sollen demnach in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. Zum Zeitpunkt der Festnahmen hätten sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten, hieß es.

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