Jahresgutachten
Wirtschaftsweise empfehlen Reform der Erbschaftsteuer
12.11.2025 – 14:54 UhrLesedauer: 3 Min.

In ihrem Jahresgutachten monieren die Wirtschaftsweisen die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland. Eine Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer könnte Abhilfe schaffen.
Schon seit einiger Zeit zeichnet sich eine größere Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab. Zum einen wird das voraussichtlich nötig sein, weil das Verfassungsgericht bald entsprechend urteilen dürfte. Zum anderen aber auch, weil die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland ohne Reform immer weiter zunehmen könnte.
Deshalb empfiehlt auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – im Volksmund als Wirtschaftsweise bekannt – in seinem Jahresgutachten für 2025/26 eine Reform. Konkret rät das Gremium, einen Lebensfreibetrag einzuführen, gestaffelt nach Verwandtschaftsgraden, und die Begünstigungen für Betriebsvermögen deutlich einzuschränken.
Bei den Steuersätzen regional zu unterscheiden, lehnen die Wirtschaftsweisen hingegen ab. Dies fordert zum Beispiel Bayern. Die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer fließen in die Länderhaushalte und nicht in den Bundeshaushalt, weshalb der Freistaat hier für mehr Gestaltungsspielraum plädiert. Die Wirtschaftsweisen warnen jedoch, dass eine solche Regel zu einem Flickenteppich führen könne und die Besteuerung nicht mehr an die Leistungsfähigkeit koppeln würde.
Genau dies müsste eine Reform der Erbschaftsteuer künftig aber anstreben, so die Experten. Also: Wer mehr leisten kann, weil er oder sie ein größeres Vermögen besitzt, sollte dies auch tun müssen. Dies sei auch für die gesellschaftliche Akzeptanz und Gerechtigkeit entscheidend.
Eine sogenannte „Flat-Tax“, die sämtliche Erbschaften und Vermögen mit einem einheitlichen Steuersatz versieht, empfehlen die Ökonomen nicht. Zum einen, weil dann besonders hohe Vermögen stark begünstigt würden. Zum anderen aber auch, weil dadurch die Einnahmen der Länder eher sinken dürften, was die Finanzierungsprobleme der Länder weiter verschärfen würde.
Besonders wichtig wäre aus Sicht der Wirtschaftsweisen die Einschränkung von Begünstigungen für Betriebsvermögen. Aktuell zahlen vor allem Firmenerben kaum oder sogar gar keine Steuern. Begründet wird das damit, dass hohe Steuern die Liquidität des Unternehmens gefährden könnten und Erben dadurch den Betrieb aufgeben müssten. Die vielen Ausnahmen und Begünstigungen für Unternehmen führen jedoch in der Praxis dazu, dass auch sehr große Unternehmen weitgehend steuerfrei übertragen werden können.
Dies sollte die Bundesregierung nach Ansicht der Ökonomen korrigieren. Allerdings sollte besonders bei kleinen und mittelständischen Betrieben darauf geachtet werden, dass die Unternehmensfortführung nicht gefährdet werde. So könnten Unternehmer die fällige Steuer über mehrere Jahre hinweg abbezahlen oder anrechnen lassen. Dies würde voraussichtlich auch zu Mehreinnahmen für den Staat führen.
Sollte die Erbschaftsteuerreform tatsächlich zu Mehreinnahmen führen – was nicht sicher ist –, sollte das Geld nach Ansicht der Wirtschaftsweisen in das Bildungswesen investiert werden. „Höhere Bildungsausgaben könnten nicht nur die Qualität und Zugänglichkeit des Bildungssystems verbessern, sondern auch zu einer höheren Einkommensmobilität beitragen, indem sie den bisher stark ausgeprägten Einfluss der sozialen Herkunft auf Bildungs- und Berufschancen verringern“, schreiben die Autoren.