Opfer zu Selbstverletzungen getrieben
Sadistisches „White Tiger“-Netz: 16-Jähriger in U-Haft
04.11.2025 – 13:03 UhrLesedauer: 2 Min.
Ein Teenager soll Teil einer Splittergruppe eines kriminellen Online-Netzwerkes gewesen sein – und mehrere Opfer zu Selbstverletzungen getrieben haben.
In Hamburg wartet ein 21-Jähriger auf seinen Prozess, der als Kopf einer im Internet tätigen Sadisten-Gruppe unter anderem einen 13-Jährigen in den Suizid getrieben haben soll. Jetzt teilen das Cybercrime-Zentrum Baden-Württemberg und das baden-württembergische Landeskriminalamt mit, dass in Baden-Württemberg ein 16-Jähriger festgenommen wurde, der Teil einer Splittergruppe des Online-Netzwerkes 764 gewesen sein soll – jenem Netzwerk, dem auch der Hamburger zugerechnet wird, der als „White Tiger“ im Internet agierte.
Demnach wurde der 16-Jährige bereits Anfang Oktober im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg festgenommen. Mittlerweile sitzt er in Untersuchungshaft. Vorgeworfen werden ihm laut LKA die „mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie gefährliche Körperverletzung“. Seine Gruppierung verfolge den Ermittlungen zufolge das Ziel, möglichst viele Opfer durch gezielte Manipulation psychisch zu kontrollieren und diese dazu zu bringen, sich selbst zu verletzen.
Insgesamt soll der Verdächtige elf potenzielle und teils minderjährige Opfer kontaktiert haben. In fünf Fällen soll es dem Jugendlichen gelungen sein, Opfer dazu zu verleiten, sich selbst zu verletzen.
Zudem soll der 16-Jährige kinderpornografisches Material besessen haben. Die elf Kontaktversuche hätten aber nach derzeitigem Stand der Ermittlungen keinen sexuellen Hintergrund gehabt.
Die Mitglieder seiner Gruppierung sollen vor allem über Gaming-Plattformen und Online-Spiele Freundschaften oder gar romantische Beziehungen zu den Opfern aufgebaut haben, um deren Vertrauen zu gewinnen. So gelangten sie den Ermittlungen zufolge an intime oder kompromittierende Bilder und Videos. „Es besteht der Verdacht, dass die Opfer unter Nutzung dieser Aufnahmen genötigt werden, immer extremere Handlungen vorzunehmen, um die Verbreitung des bereits existierenden Materials zu verhindern“, beschreiben die Ermittler das Vorgehen.
Die Opfer sollten sich unter anderem mit Messern oder Rasierklingen Symbole der Gruppierung sowie den Nutzernamen des jeweiligen Mitglieds in die Haut zu ritzen oder mit ihrem Blut an eine Wand schreiben. Diese sogenannten Wall- oder Bloodsigns sollten die Opfer filmen oder fotografieren und das Material ihrem Peiniger übermitteln.
Auch in anderen Bundesländern laufen Ermittlungen gegen weitere mutmaßliche Täter. Neben Hamburg und Baden-Württemberg sind NDR-Recherchen zufolge mindestens noch Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen betroffen.
Das Online-Netzwerk 764 soll 2021 von einem 15-Jährigen in den USA gegründet worden sein. 764 ist Teil der Postleitzahl der texanischen Stadt Stephenville – der Heimatstadt des Netzwerkgründers. 2023 wurde der Teenager wegen des Besitzes kinderpornografischer Dateien schuldig gesprochen und zu 80 Jahren Haft verurteilt.
