Lange galt Wandern als eher langweilig, doch das hat sich geändert. Denn Wandern baut nicht nur Stress ab, es hilft auch, Krankheiten zu verhindern.

Wer die Wanderschuhe schnürt, schenkt seinem Körper ein extra Gesundheits-Plus. Davon profitieren nicht nur Herz und Kreislauf, sondern auch die Muskeln, Knochen und die Blutwerte.

Was Wandern so gesund macht und worauf beim strammen Gehen zu achten ist, erklärt der Sportwissenschaftler Professor Ingo Froböse im Interview mit t-online.

t-online.de: Herr Professor Froböse, ist Wandern Sport?

Professor Ingo Froböse: Wandern ist Sport, sofern Sie stramm gehen und Ihr Herz-Kreislauf-System fordern. Gemütliches Wandern oder Spazierengehen hingegen hat kaum einen Trainingseffekt. Zügiges Wandern schließt wunderbar die Lücke zwischen Spazierengehen und Joggen. Wandern ist damit nicht nur eine gute Sportart für Ältere, sondern auch für jüngere Sporteinsteiger. Eine gute Herz- und Atemfrequenz sowie eine ausreichende Sauerstoffversorgung haben Sie, wenn Sie vier Schritte ein- und vier Schritte ausatmen.

Wie gut ist Wandern für die Gesundheit?

Zügiges Wandern ist Ausdauersport und damit ein echtes Multitalent für die Gesundheit. Wandern Sie regelmäßig, stärken Sie Ihr Herz-Kreislauf-System: Unter anderem wird Ihr Herzmuskel kräftiger, Ihr Lungenvolumen größer, die Sauerstoffversorgung besser und der Blutdruck sinkt. Auch Ihr Skelett profitiert: Wandern kräftigt Muskeln, Sehnen und Bänder und stabilisiert Ihre Knochen. Ihr Stoffwechsel profitiert ebenfalls: Die Bewegung hilft, den Blutzucker zu regulieren und die Blutfettwerte um bis zu 30 Prozent zu senken.

Professor Dr. Ingo Froböse (Quelle: Deutsche Sporthochschule)

Zur Person

Professor Dr. Ingo Froböse ist Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Er ist dort Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung und Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation.

Wie stärkt Wandern die Knochen?

Ein gut funktionierender Knochenstoffwechsel braucht Belastung. Nur so kann der Auf- und Abbau von Knochensubstanz in einem gesunden Gleichgewicht bleiben. Die Reize, die beim Wandern, aber auch beim Walken und Joggen, über die Fußsohle an die Knochen weitergeleitet werden, aktivieren den Knochenstoffwechsel und fördern die Bildung neuer Knochensubstanz.

Kann Wandern Osteoporose vorbeugen?

Wandern kann auf jeden Fall helfen, einer Osteoporose vorzubeugen – genau wie andere Sportarten, die den Knochenstoffwechsel stimulieren. Bewegung ist für gesunde Knochen unverzichtbar. Dabei ist es aber wichtig, dass die Knochen einer gewissen Belastung ausgesetzt sind, damit sie ausreichend stimuliert und Erneuerungsprozesse angeregt werden.

Wie wirkt Wandern auf das Herz-Kreislauf-System?

Wandern ist eine gute Möglichkeit, präventiv etwas gegen Herzinfarkt und Schlaganfall zu tun. Wichtig ist, dass Sie regelmäßig aktiv sind. Durch Ausdauertraining wird das Herz kräftiger und besser durchblutet. Das Herzvolumen vergrößert sich und pro Herzschlag kann mehr Blut transportiert werden. Die Herzfrequenz verringert sich bei Belastung, was den Herzmuskel entlastet. Ebenso verbessern sich das Lungenvolumen und die Sauerstoffversorgung.

Zugleich fördert Wandern elastische Blutgefäße. Bei körperlicher Anstrengung wird mehr Blut durch den Körper gepumpt. Das trainiert das Ausdehnen und Zusammenziehen der Gefäße. Und das senkt auch den Blutdruck. Außerdem bilden sich weniger Ablagerungen an den Gefäßwänden.

Wie oft und wie lange sollte ich wandern, um einen gesundheitlichen Effekt zu spüren?

Damit Ihr Körper einen Nutzen hat, sollten Sie jeden zweiten Tag wandern gehen – am besten zwischen 60 und 90 Minuten ohne Pause. Sporteinsteiger sollten sich langsam an die Belastung herantasten. Sie dürfen ruhig ins Schwitzen kommen und etwas Schnaufen. Können Sie sich noch gut unterhalten, verspüren aber trotzdem Anstrengung, ist die Belastung gut und Ihr Körper nicht überfordert. Steigern Sie sich langsam, damit sich Ihr Körper an die Anstrengung gewöhnen kann.

Was sind die größten Fehler beim Wandern?

Der größte Fehler beim Wandern ist, wenn untrainiert ein Wanderurlaub angetreten wird. Der Körper ist auf eine solche Belastung meist nicht vorbereitet – sofern man nicht auch im Alltag regelmäßig sportlich aktiv ist. Das Herz-Kreislauf-System eines Sporteinsteigers braucht etwa drei Monate, bis es sich an die Belastung gewöhnt hat. Bis Muskeln, Sehnen, Bänder, Gelenke und Knochen größeren Belastung standhalten, beispielsweise fünf Stunden Wandern in der Höhe auf unebenem Gelände, braucht es sechs Monate.

Ein Wanderurlaub braucht eine entsprechende körperliche Vorbereitung, sonst riskieren Sie unter anderem kardiovaskuläre Ereignisse, Verletzungen an den Gelenken sowie Knochenfrakturen. Während Wandern bergauf vor allem das Herz-Kreislauf-System fordert, arbeiten bergab besonders Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder, da das Körpergewicht abgefangen werden muss.

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