Ein SPD-Politiker wird in Dresden im Wahlkampf brutal zusammengeschlagen – das Entsetzen ist groß. Nun wird über Konsequenzen diskutiert. Es werden aber auch noch mutmaßliche Täter gesucht.

Nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke beim Anbringen von Wahlplakaten in Dresden läuft die Suche nach drei bisher unbekannten Tätern weiter. Auch die Hintergründe des Überfalls sind weiter unklar.

Der 17-jährige Tatverdächtige, der sich gestellt hatte, habe sich zum Tatmotiv bislang nicht eingelassen, schrieb die Polizei auf der Plattform X (früher Twitter). Zugleich rückt die Diskussion über mögliche Konsequenzen aus der Gewalteskalation in den Fokus. Bund und Länder wollen am Dienstag zu dem Thema beraten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert einen besseren Schutz von Politikern und Helfern im Wahlkampf.

Am Freitagabend war Ecke, der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden zusammengeschlagen worden. Der 41-Jährige kam mit einem Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle sowie Hämatomen und Schnittverletzungen im Gesicht ins Krankenhaus. Ecke wurde am Sonntag operiert, es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagte Sachsens SPD-Chef Henning Homann. Kurz vor dem Angriff auf den SPD-Politiker hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe bereits einen 28 Jahre alten Wahlkampfhelfer der Grünen angegriffen und verletzt.

Suche nach weiteren Tätern

Die Polizei geht von vier Tatverdächtigen aus. In der Nacht zum Sonntag hatte sich ein 17-Jähriger der Polizei gestellt und den Angriff auf Ecke gestanden. Die drei anderen Tatverdächtigen sind weiterhin unbekannt. Nach Polizeiangaben werden die jungen Männer auf 17 bis 20 Jahre geschätzt. Zeugen zufolge seien sie dunkel gekleidet gewesen, hatte ein Polizeisprecher gesagt. Ein Zeuge habe sie dem rechten Spektrum zugeordnet.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) prangerte die wachsende Aggressivität und zunehmende Gewalt innerhalb der Gesellschaft an. „Das sind Feinde der Demokratie (…) Es ist wirklich fünf vor Zwölf“, sagte er in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Dem gelte es ein Stopp-Zeichen entgegenzusetzen. Man habe es immer noch in der Hand, Dinge zu verändern. Es gebe aber eine neue Qualität. Das dürfe nicht unwidersprochen bleiben. Rechtspopulisten würden die Bevölkerung anstacheln.

Ebenso sprach sich der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) für eine harte Bestrafung von Tätern aus, die Wahlkämpfer attackieren. Das müsse „maximal geahndet“ werden. „Denn wenn Wahlplakate heruntergerissen werden, geht es nicht nur um Sachbeschädigung, sondern um die Beeinträchtigung freier Wahlen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Hetze habe ganz konkrete Auswirkungen auf der Straße.

Schuster kündigte zudem eine enge Abstimmung mit den Parteien zum Schutz ihrer Wahlkämpfer an. „Wir werden sicherlich nicht jeden einzelnen Wahlkämpfer beschützen können, das geht schon rein zahlenmäßig nicht. Aber wir werden noch stärker als bisher versuchen, eine kluge Raumdeckung hinzubekommen“, sagte Schuster. Man wolle mit Informationen der Parteien die Aktionen und Veranstaltungen besser ausmachen können, die besonders schutzbedürftig seien – und das nicht nur beim Besuch von Parteiprominenz.

SPD will nur noch tagsüber plakatieren

Die Ermittlungen dauern an, unter Hochdruck, wie Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte. „Wir werden dafür sorgen, dass alle Täter ihrer Strafe zugeführt werden.“ Zugleich sprach er sich dafür aus, die Zusammenarbeit zwischen Parteizentralen und der sächsischen Polizei im Wahlkampf zu intensivieren, um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa bei Veranstaltungen besser schützen zu können. Sachsens SPD-Chef kündigte an, man werde nur noch tagsüber plakatieren und die Teams vergrößern.

„Wir brauchen noch mehr sichtbare Polizeipräsenz vor Ort, um Demokraten an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen zu schützen“, sagte Bundesinnenministerin Faeser der „Rheinischen Post“ angesichts der Attacke auf Ecke und auf weitere Politiker und Wahlhelfer in den vergangenen Tagen. „Rechtsstaatlich müssen wir jetzt mit mehr Härte gegen Gewalttäter und mehr Schutz für die demokratischen Kräfte handeln“, betonte sie. Darüber werde sie „sehr schnell“ mit den Innenministern der Länder beraten. Für Dienstag hat der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU), zu einer Sonderkonferenz der Ressortkollegen eingeladen.

Breite Solidarisierung mit Angegriffenen

In Dresden und Berlin haben zahlreiche Menschen für Demokratie und gegen Gewalt im Wahlkampf demonstriert, darunter zahlreiche bekannte Politiker. In Sachsens Landeshauptstadt kamen rund 3000 Menschen zusammen, in Berlin vor dem Brandenburger Tor waren es nach Angaben des Bündnisses „Zusammen Gegen Rechts“, das die Demos organisiert hatte, ebenso viele Menschen.

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