Bundestag beschließt Pflegevorhaben
„Das Gesetz nutzt nicht alle Möglichkeiten“
06.11.2025 – 13:18 UhrLesedauer: 3 Min.
Ein neues Gesetz soll Bürokratie in der Pflege abbauen und den Pflegeberuf aufwerten. Die Branche zeigt sich zufrieden, doch äußert Kritik an der Umsetzung.
Ein Großteil der Deutschen zeigt sich unzufrieden mit dem aktuellen Pflegesystem. Laut einer in dieser Woche erschienenen Allensbach-Umfrage für die DAK-Krankenkasse empfinden 62 Prozent der Befragten die aktuellen Zustände als schlecht. Und rund die Hälfte der Deutschen befürchtet sogar eine weitere Verschlechterung in den kommenden zehn Jahren.
Dabei sorgen sich viele Menschen insbesondere um die Finanzierung. Diese Problematik behandelt aktuell eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter der Führung von Gesundheitsministerin Nina Warken. Bisher gibt es einen ersten Zwischenbericht, konkrete Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres folgen.
Doch über die Hälfte der Deutschen sieht laut der DAK-Umfrage auch Probleme bei der Bürokratie und dem Verwaltungsaufwand sowie den belastenden Arbeitsbedingungen. Diese Probleme will die Politik nun angehen. Dazu hat der Bundestag das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beschlossen – ursprünglich auch als Pflegekompetenzgesetz bekannt.
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So soll das Pflegepersonal künftig mehr Tätigkeiten übernehmen können, die bisher lediglich Ärzten vorbehalten waren – etwa beim Versorgen von Wunden, bei Diabetes und Demenz. So soll die Bürokratie durch vereinfachte Zuständigkeiten gemindert und die Attraktivität des Pflegeberufs durch mehr Verantwortung gestärkt werden.
Aus der Branche kommt grundsätzliche Zustimmung für das Vorhaben. Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB), lobt bei t-online: „Das Pflegekompetenzgesetz geht grundsätzlich in die richtige Richtung, indem es den Pflegefachkräften mehr Verantwortung überträgt und ihre Expertise anerkennt.“ Besonders positiv hervorzuheben sei, dass Pflegerinnen und Pfleger künftig Hilfsmittel als Folgeverordnung anordnen können.
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Doch es gibt auch Kritik an der Umsetzung. So bemängelt Knieling, die Regelung bleibe „noch zu eng gefasst“. Nicht alle relevanten Hilfsmittel könnten verordnet werden. „Passgenaue Kompetenzen könnten im Pflegealltag spürbar für Entlastung sorgen“, bemerkt er.
Knieling kritisiert daher: „Das Gesetz nutzt also noch nicht alle Möglichkeiten, den Pflegealltag bestmöglich zu entlasten und die Kompetenzen der Pflegefachkräfte vollständig anzuerkennen.“
Kritik kommt auch von den Grünen. „Ein richtig gedachtes Gesetz wird hier auf halber Strecke jetzt halbherzig zu Ende gebracht“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, im ARD-Morgenmagazin.
Tatsächlich ändere sich die Zettelwirtschaft, die Doppeldokumentation, die Bürokratie, die Pflegekräften bei der Arbeit wirklich zu schaffen mache, im Alltag durch dieses neue Gesetz eigentlich kaum. Die Kompetenzen der Pflegekräfte werden aus Sicht von Dahmen nur halbherzig erweitert und nicht vollumfänglich, so wie es Pflegekräfte könnten.
Nach den Worten von Dahmen müssten Pflegekräfte gerade in Notfall- und Akutsituationen noch stärker eigenständig handeln können, als das jetzt im Gesetz geregelt sei. Entscheidend sei, dass diese dann auch eigenständig bezahlt werden. „Und dazu sagt das Gesetz gar nichts“, betonte Dahmen.
Gesundheitsministerin Warken verteidigte das Gesetz dagegen im ARD-Morgenmagazin. „Wir schaffen damit, dass Pflegekräfte künftig das machen dürfen, was sie eigentlich sehr gut können, was sie viele Jahre in der Berufserfahrung gelernt haben“, sagte die CDU-Politikerin. „Und ich glaube, da erleichtern wir den Alltag der Pflegekräfte schon erheblich.“
