Obwohl Deutschland ein vermögendes Land ist, leiden viele Menschen unter Armut. Doch wann gelte ich eigentlich als arm? Wir zeigen, wo die Grenzen liegen.

Das Wichtigste im Überblick


Im Supermarkt kommt nur das Günstigste in den Einkaufswagen, das Handyguthaben ist aufgebraucht, und neue Kleidung liegt genauso wenig drin wie Restaurantbesuche und Kinoabende. Wer arm ist, hat nicht nur finanzielle Sorgen, sondern auch kaum Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Doch was bedeutet Armut in Deutschland eigentlich? Ab welcher Grenze gelte ich als arm? Wir zeigen, über welche Beträge Sie mindestens verfügen müssen, um nicht als arm eingestuft zu werden.

Wer gilt in Deutschland als arm?

In Wohlstandsgesellschaften wie Deutschland wird Armut meist relativ erhoben. Das bedeutet, es kommt darauf an, wie Sie mit Ihrem Einkommen im Vergleich zum Rest des Landes dastehen. Als armutsgefährdet gelten in Deutschland daher Menschen, die monatlich über weniger als 60 Prozent des mittleren Netto-Haushaltseinkommens verfügen.

Diese Schwelle ist die sogenannte Armutsrisikogrenze oder Armutsgefährdungsschwelle. 2022 befanden sich 14,7 Prozent der Bevölkerung, etwa 12,2 Millionen Menschen, in dieser Lage. Dieser Anteil nennt sich auch Armutsgefährdungsquote. 2021 hatte sie noch 16 Prozent betragen. Verfügen Sie über weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens, gelten Sie laut Definition der Europäischen Union als offiziell arm – relativ gesehen. Das ist dann die Armutsgrenze.

Mittleres Einkommen: Das mittlere Einkommen, auch Medianeinkommen genannt, ist der Wert, der genau in der Mitte liegt, wenn alle Einkommen aufsteigend geordnet werden.

Bei welchem Einkommen liegt die Armutsgrenze?

Wie hoch das monatliche Nettoeinkommen für die Armutsrisikogrenze ausfällt, ist von Haushaltstyp zu Haushaltstyp verschieden. Das Statistische Bundesamt unterscheidet zwischen Single- und Paarhaushalten mit und ohne Kinder.

Die aktuellsten Daten beziehen sich auf das Jahr 2022. Dabei handelt es sich um Erstergebnisse, keine Endergebnisse. Wenn Sie weniger als die angegebenen Beträge pro Monat zur Verfügung haben, gelten Sie auf dem Papier als arm:

  • Singles: 1.189 Euro
  • Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren: 1.546 Euro
  • Paar, keine Kinder: 1.783 Euro
  • Alleinerziehende, zwei Kinder unter 14 Jahren: 1.902 Euro
  • Paar, zwei Kinder unter 14 Jahren: 2.496 Euro
  • Paar, drei Kinder – davon zwei unter und eins über 14 Jahren: 3.329 Euro

Untergliedert nach Haushaltstypen sind erheblich mehr Alleinerziehende sowie Singles von Armut bedroht als im Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2022 war fast die Hälfte der Alleinerziehenden (42,9 Prozent) armutsgefährdet. Bei den Singles waren es 27,6 Prozent.

Unterdurchschnittlich oft von Armut gefährdet waren dagegen Paare mit einem Kind (8,4 Prozent) und zwei Kindern (11,2 Prozent) sowie kinderlose Paare (9,1 Prozent). Lebten in einem Haushalt drei oder mehr Kinder, war fast ein Drittel dieser Familien armutsgefährdet (31,8 Prozent).

Wo liegt die Armutsrisikogrenze bei Rentnern?

Auch für Rentner orientiert sich die Armutsrisikogrenze am mittleren Einkommen der Gesamtbevölkerung und daran, ob sie alleine oder mit einem Partner zusammenleben. Laut Statistischem Bundesamt lag die Armutsgefährdungsquote 2022 bei den über 65-Jährigen mit 18,3 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch für Personen ab 75 Jahren, deren Armutsgefährdungsquote bei 17,9 Prozent lag.

Ältere Frauen sind dabei stärker armutsgefährdet als ältere Männer – und zwar noch mehr als über alle Altersgruppen hinweg. 2022 waren 20,3 Prozent der über 65-jährigen Frauen von Armut bedroht, während gleichaltrige Männer zu 15,9 Prozent betroffen waren. Seniorinnen ab 75 Jahren waren ebenfalls zu 20,6 Prozent armutsgefährdet, während Männer dieser Altersgruppe zu 14,2 Prozent bedroht waren.

Wie hat sich die Armutsgefährdung entwickelt?

Wer einmal unter die Armutsgrenze rutscht, bleibt immer öfter länger arm. Das geht aus dem Datenreport 2021 hervor, den das Statistische Bundesamt, das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) herausgeben. Demnach waren von den Personen, die im Jahr 2018 unter die Armutsrisikoschwelle fielen, 88 Prozent bereits in den vier Jahren zuvor zumindest einmal von Armut bedroht.

Fast die Hälfte von ihnen (44 Prozent) befand sich in diesem Zeitraum vier Jahre durchgehend in diesem niedrigen Einkommenssegment. Damit hat sich der Anteil der dauerhaft von Armut bedrohten Personen an allen Armen in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt: 1998 betrug er noch 20 Prozent.

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