Nichts für jedermann, aber in jeder Hinsicht originell: Der chinesische Hersteller Huawei verheiratet zwei Produkte miteinander, die kaum etwas gemeinsam haben. Ob daraus eine glückliche Beziehung erwächst? Die Watch Buds sind eine Kombination aus Ohrhörern und Sportuhr. Erstere hat Huawei miniaturisiert und letztere mit einer Klappe versehen, sodass man den Displaydeckel nach oben heben kann, um die Ohrhörer im Inneren der Uhr zu verstauen. Die Smartwatch lädt die nur vier Gramm wiegenden Ohrenstöpsel mit, so ist eine eigene Ladehülle für die Ohrhörer überflüssig.
Was bringt das Ganze? Das Szenario besteht darin, dass die Ohrhörer immer mit dabei sind. Wenn während eines Spaziergangs ein längeres Telefonat ansteht, sind die Stöpsel in Reichweite. Man muss vorher nichts einpacken. Auch das lästige Suchen nach den Ohrhörern im Rucksack hat sich damit erledigt.
Wir haben die Watch Buds ausprobiert. Zur Einrichtung von Uhr und Stöpseln benötigt man die Huawei-App Health, die es für beide Smartphone-Plattformen gibt. Mit Bluetooth gekoppelt wird nur ein einziges Mal, anschließend sind Uhr und Ohrenstöpsel mit dem Handy verbunden. Die Uhr misst 47 x 47 Millimeter und ist 15 Millimeter hoch, es ist also eine eher größere Smartwatch. Das Gehäuse besteht aus schwarzem Edelstahl, die Unterseite ist nicht ganz plan, sondern hat einen kleinen Hubbel mitsamt Herzfrequenzsensor in der Mitte. Die fehlenden Steckkontakte deuten es bereits an: Der Akku lässt sich induktiv befüllen, das funktioniert nicht nur mit der beiliegenden Ladeschale, sondern auch mit vielen QI-Stationen für Smartphones. Ein sehr schönes Detail, das man sich auch für die Apple Watch wünscht.
Solides Scharnier
Unser Testgerät kam mit schwarzem Lederarmband, das wechselbar ist. Zum Öffnen des Uhrendeckels betätigt man eine Taste am unteren Displayrand, und die Oberseite springt anschließend einige Millimeter auf. Um die Ohrenstöpsel zu entnehmen oder einzusetzen, muss man manuell das Cover in die Vertikale bewegen. Das Scharnier macht einen soliden Eindruck, mindestens 100.000 Öffnungs- und Schließvorgänge verspricht Huawei.
Die beiden Buds docken magnetisch an der Oberseite des Covers an, und man ist überrascht, wie klein sie sind. Sie sehen aus wie eine Gewehrkugel, und es ist egal, welchen man in welchem Ohr trägt, weil die Stöpsel ihren jeweiligen Aufenthaltsort selbst identifizieren.
Knackiger Bass
Bei Musikwiedergabe und Telefonie ist die Akustik der kleinen Stöpsel überraschend gut. Sogar der Bass ist erstaunlich knackig und tief. Wir waren angenehm überrascht, wenngleich ihre größeren Kollegen akustisch deutlich mehr bieten. Enttäuschend ist indes die aktive Nebengeräuschunterdrückung, die so gut wie nichts bringt. Das kann Huawei normalerweise besser.
Mit einer Akkuladung kann man rund drei Stunden lang hören, anschließend werden die Stöpsel wieder in der Uhr betankt. Wer den Strom für die Uhr sparen will, deaktiviert die entsprechende Einstellung. Auch lässt sich wählen, ob die Ohrenstöpsel die Musik von der Uhr, dem Smartphone oder einem anderen Bluetoothgerät wiedergeben sollen. Insgesamt sind die Ohrhörer gute Mittelklasse.
Klein und trotzdem starker Bass: Die Ohrenstöpsel im Detail.
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Bild: Dr. Michael Spehr
Doch wie schlägt sich die zugehörige Uhr? Wer die Huawei-Sportuhren kennt, findet sich sofort zurecht, freut sich über das helle, kontraststarke Amoled-Display, welches mit üppigen 466 x 466 Pixel über eine Diagonale von 1,43 Zoll eine Pracht ist. Es lässt sich in einen Always-on-Modus versetzen und zeigt dann permanent die Uhrzeit in reduzierter Darstellung. Je nach Einstellung hält der Akku der Uhr einige Tage bis hin zu einer Woche durch.
Fürs Schwimmtraining nicht geeignet
Einige Einschränkungen gegenüber anderen Sportuhren der Chinesen sind indes schnell erkennbar. Das Gehäuse ist nach Schutzklasse IPX7 nur gegen zeitweiliges Untertauchen gegen Wasser geschützt. Fürs Schwimmtraining und alle Sportarten, die einen vollständigen Wasserschutz voraussetzen, ist die Uhr also nicht geeignet. Ferner entfallen die Bezahlfunktion sowie einige Sensoren wie Barometer und Kompass, und die Uhr schreibt auch kein Einkanal-EKG zur Erkennung von Vorhofflimmern. Die Herzfrequenz sowohl in Ruhe wie auch beim Sport wird indes sehr genau gemessen. Es gibt eine Stress- und Schlaferfassung und natürlich bei sportlichen Aktivitäten draußen die GPS-Aufzeichnung der zurückgelegten Strecken.
Hier schöpft Huawei wie gehabt aus dem Vollen und bietet in der App eine beachtliche Datenauswertung, die indes bei Garmin oder Polar noch leistungsfähiger ist. Was zudem fehlt, ist die Möglichkeit, die Fitnessdaten einzelner Workouts zu exportieren, um sie beispielsweise in einem anderen Ökosystem auswerten zu lassen. Assistenten und Trainingspläne in der App sind kostenpflichtig. Huawei Health Plus kostet acht Euro im Monat oder 60 Euro im Jahr und orientiert sich unverkennbar an Apples Fitness-Plus-Abonnement, das indes mit aufwendig produzierten Trainingsvideos mehr fürs Geld bietet.
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Insgesamt ist die Watch Buds eine interessante Kombination aus zwei Produkten. Dabei müssen jedoch beide Komponenten Federn lassen und erreichen nicht das Niveau, das aus zwei getrennten Einzelprodukten entsteht. Eine Huawei Watch GT 3 Pro im eleganteren und widerstandsfähigeren Titangehäuse mit mehr Ausstattung kostet 300 Euro, und die Ohrenstöpsel Freebuds Pro 2 mit besserem Klang und effektiverer Nebengeräuschunterdrückung haben einen offiziellen Verkaufspreis von 160 Euro. Die Watch Buds startet indes mit 500 Euro ins Rennen und ist zwar der Ideen-Sieger, aber nicht der Gewinner hinsichtlich Ausstattung und Raffinesse.