Bundesgarten in Mannheim startet: Biotop statt Blümchenschau

Gute Fänger erwischen zwischen 15 und 18 Stück in der Stunde“, sagt Michael Schnellbach. Wie viele Mauereidechsen seine Leute genau eingefangen und umgesiedelt haben, kann der Geschäftsführer der Mannheimer Bundesgartenbaugesellschaft aber nur schätzen. Um die 10.000 müssten es wohl gewesen sein, sagt er.

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.

Die Rettungsaktion mutete merkwürdig an, denn dort, wo sich Eidechsen auf Kasernenmauern und Betonbelag sonnten, entsteht nicht etwa eine neue Betonwüste, sondern die Bundesgartenschau, eine grüne Oase am Rande der Stadt. Und wenn die Beete im Oktober abgeräumt sind, die Stände abgebaut, wird der „Grünzug Nordost“ bleiben: eine Frischluftschneise für Mannheim, Naherholungsgebiet und Artenschutzbiotop in einem. Die Eidechsen mussten trotzdem weg. Das sei gesetzlich eben so geregelt, weiß Schnellbach. „Sobald Bagger rollen, brauchen Sie Ausgleichsmaßnahmen.“

Ehemaliges Logistikdepot der US-Armee

Wer mit dem Mann spricht, taucht nicht nur in die Untiefen des deutschen Naturschutzrechtes, er begreift schnell, dass eine Bundesgartenschau, liebevoll Buga genannt, mehr ist als Blumen, Bäume und Gärten. Es ist ein millionenschweres, jahrelang geplantes Infrastrukturprojekt mit all den üblichen Begleitgeräuschen: Bürgerprotesten, Parteiengezänk, Versammlungen und Gutachten und nochmals Gutachten und noch mal Versammlungen.

Schnellbach, ein handfester Endfünfziger, stemmt eines der größten Konversionsprojekte überhaupt: den Rückbau der 80 Hektar großen Spinelli-Kaserne – eines ehemaligen Logistikdepots der US-Armee. Organisiert wurde von hier aus der Nachschub mit Militärfahrzeugen und Panzern für ganz Europa. Nicht nur das Kasernengelände musste entsiegelt und geräumt werden. Um am Ende eine durchgängige grüne Lunge zu bekommen, sollte auch die benachbarte Feudenheimer Au in die Pläne einbezogen werden, eine Feld- und Parklandschaft unweit des Neckarufers. Sie sollte renaturiert, sogar ein künstlicher See gegraben werden, durch den später der Neckar geleitet wird, um ihn wieder mäandern zu lassen, wie früher, vor der Begradigung.

So soll er aussehen, der runderneuerte Luisenpark.





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Buga
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Mannheim

Mit dem „grünen“ Teil hat es sich allerdings nicht erledigt. Zum Buga-Projekt gehört ein Radschnellweg, zudem baut die Stadt am Rand der Kasernen parallel 1800 neue Wohnungen samt Kindergarten, Grundschule und einem Grüngürtel mit Spielflächen, der unmittelbar an das Ausstellungsgelände grenzt.

Kurz vor der Eröffnung am Freitag, 14. April, ist noch einiges zu tun. Kleinbagger und Stapler fahren geschäftig über das Gelände, Rollrasen wird verlegt, Geländer montiert, Pavillons aufgebaut, Wagen mit „Frühjahrsfloor“ über die Pflaster geschoben. Dass die alte Panzerhalle, durch die Besucher auf das Gelände kommen sollen, noch kaum als Einlass zu erkennen ist, bringt Schnellbach nicht aus Ruhe. „Wir waren sowieso nie im Zeitplan“, sagt er. Wichtig sei der Spirit und die tolle Stimmung. Alle zögen an einem Strang und gingen erst nach Hause, wenn die Arbeit gemacht sei. Danach werde nicht selten auf dem Gelände noch gegrillt und das Tagwerk mit einem Bier beschlossen.

Klima, Umwelt, Energie und Nahrungsmittelsicherung

Die Bundesgartenschau ist eine Institution. Seit 1951 gibt es sie schon, und zur Eröffnung alle zwei Jahre kommt der Bundespräsident vorbei. Und sie ist ein Abbild der Bundesrepublik: Von der Blumenschau, die Parks als Bestandteil des Wiederaufbaus zeigte, bis zum naturgerechten Umbau der Stadt – die Ausstellung war immer schon Spiegel ihrer Zeit. Die Schau in Mannheim soll die nachhaltigste sein, die es je gab. Leitthemen: Klima, Umwelt, Energie und Nahrungsmittelsicherung. Was wiederverwertet werden könne, werde wiederverwertet, was abgebaut werden könne, werde abgebaut.

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