Von einem eigenen Oldtimer träumen viele. Doch nicht jeder hat die Traute, den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Oder es fehlt doch der eine oder andere Euro. Nun, alte Autos lassen sich auch mieten. Da kann man ausprobieren, ob der Wunschwagen fahrerisch nicht vielleicht doch eine Gurke ist, von der man besser die Finger lässt. Es gibt etliche professionelle Oldtimervermieter mit mehr oder weniger großen Fuhrparks, und es gibt seit drei Jahren ottochrom.de, ein Online-Marktplatz, der übers Netz von privat zu privat vermittelt, fast 1900 Autos sind inzwischen bundesweit im Angebot.
Hinter Ottochrom stehen Harald Piendl und Dirk Salomon aus Augsburg, beides keine jungen Gründer, sondern schon 50 plus. Sie hatten die Idee und haben nach eigener Aussage hart gekämpft, bis sie eine Versicherung gefunden hatten, die sich auf ihr Geschäftsmodell eingelassen hat. Schließlich erklärte sich die Oldtimer-Assekuranz OCC, eine Tochter der Provinzial, bereit, das Experiment einzugehen. Jede einzelne Vermietung ist abgesichert, bis zu einem Wert des Fahrzeugs von 150.000 Euro. Allerdings darf der Mieter nicht auf die Autobahn, nur Stadtautobahnen bis 80 km/h sind zulässig. Der Mieter muss mindestens 23 Jahre alt sein und fünf Jahre den Führerschein haben, der Vermieter kann diese fünf Jahre auf bis zu 20 Jahre erhöhen.
Fahrten ins Ausland sind zulässig
Mehr als 5000 Vorgänge hat es inzwischen gegeben, und, so hebt Harald Piendl hervor, es sei noch nie etwas passiert. Er weiß aber, dass es nach dem Gesetz der großen Zahl irgendwann so weit sein wird. 75 Prozent der Miete bekommt der Oldie-Besitzer, wobei die Tagesmieten im Schnitt bei 300 bis 500 Euro liegen. Diese legt der Oldtimerbesitzer fest. Ottochrom selbst ist noch nicht profitabel, aber nicht weit davon entfernt. 15 Prozent der einzelnen Miete gehen ans Portal, 10 Prozent sind für die Versicherung.
Das Portal wird von Berlin aus gesteuert, Ziel ist es Piendl zufolge, 4000 bis 5000 Fahrzeuge im Bestand zu haben, eine Ausweitung nach Österreich ist schon avisiert. Mieten kann jeder mit einem Wohnsitz in der EU oder der Schweiz. Fahrten ins angrenzende Ausland sind zulässig.
Ein 1967er
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Bild: ottochrom.de
Von den zurzeit knapp 1900 Autos im Angebot sind zum Beispiel 378 Mercedes-Benz, 277 Volkswagen, 109 Porsche, 70 Citroën, 37 Rolls-Royce, 26 Volvo, 25 Opel, aber auch zehn Ferrari. Die Auswahl ist groß, fast alle gängigen Marken sind zu finden, dazu Exoten wie Studebaker, Autobianchi oder Hummer. Ein paar Camper sind auch dabei. Vorkriegsautos werden bewusst nicht offeriert, diese seien zu schwierig zu handhaben, sagt man bei Ottochrom. Und jünger als 2002 geht auch nicht, schon aus Versicherungsgründen. Es lässt sich nicht nur nach Marken, sondern auch nach Regionen suchen: Wer seine Stadt angibt, bekommt das Angebot in einem bestimmten Umkreis. In Frankfurt und Umgebung gibt es nur 42 Autos, in Köln schon 70, in München 101, in Hamburg 186 und in Berlin 256.
Mustang und Porsche 911 am beliebtesten
Wir machen die Probe aufs Exempel und leihen einen 1967er Ford Mustang im hessischen Lich. Generell ist der Mustang das beliebteste Auto, und nicht etwa der Porsche 911. Für Mustang-Besitzer Martin (man duzt sich bei Ottochrom) ist es das erste Mal, und er ist entsprechend aufgeregt. 500 Euro Kaution in bar sind mitzubringen, es gibt einigen Papierkram, der Mustang muss fotografiert werden, die Bilder sind ans Portal nach Berlin zu schicken, dann kann es losgehen. Der Ami-Schlitten bietet die erwartete V8-Herrlichkeit mit Dreigang-Automatik, schlabbriger Lenkung und einem tollen Sound. Leider gibt es nur Beckengurte, das hatten wir zuvor nicht bedacht. Weil wir den Mustang über zwei Nächte behalten, muss er nachts sicher untergestellt werden, auch das gehört zu den Vertragsbedingungen. 150 Kilometer sind frei, bei zwei Tagen 250, Mehrkilometer kosten extra. Es wird noch eine Reinigungspauschale von 19 Euro fällig. Und natürlich muss wieder vollgetankt werden. 19 Liter auf 100 Kilometer hat der Mustang genommen, nicht schlecht. Das nächste Mal vielleicht doch eine Ente? Die ist doch so süß und kostet in München bei Hallil nur 179 Euro.
500 Euro Kaution in bar sind mitzubringen.
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Bild: Boris Schmidt
Martin hat inzwischen fünf weitere Male seinen Mustang vermietet und jedes Mal gute Erfahrungen gemacht. Jeder sei vernünftig an das Thema herangegangen und habe seinen Oldie pfleglich behandelt. Dass es bisher so gut wie keine Unfälle oder auch Schwierigkeiten gegeben habe, erklärt Ottochrom-Mitinhaber Piendl mit der privaten Ebene, auf der alles stattfinde. Wenn etwas passiere, müsse man eben dem Besitzer persönlich Rechenschaft ablegen und nicht einer x-beliebigen Mietfirma. Das führe wohl dazu, dass jeder fast schon übervorsichtig sei.
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Piendl weiß, dass er mit seinem Angebot nicht alle Oldtimerbesitzer erreichen kann. Viele wollen einfach nicht, dass Fremde ihr Auto fahren, trotz der Einnahmen. Und es ist natürlich aufwendig. Übergabe, Rückgabe, man muss schlicht parat sein. Die mehr als ein Dutzend Oldtimerbesitzer, die wir fragen, winken alle ab. Aber offenbar wagen es dennoch einige. Die Einnahmen sind übrigens zu versteuern, auch das sollte bedacht sein.