Leben und leben lassen

Der Bremer Senat will die Innenstadt sauberer und sicherer machen. So weit, so einleuchtend. An vielen Ecken in der City findet sich Müll, Raubüberfälle mehren sich, und offener Drogenkonsum ist in zahlreichen Stadtteilen allgegenwärtig. All das ist unschön und schafft kein gutes Bild von Bremen. Schon klar.

Nun soll eine Maßnahme – erarbeitet von Politik und Handelskammer – Bremens gute Stube zu einem Wohlfühlort für alle machen. Menschen soll es verboten werden, an Café- und Restaurantbesucher heranzutreten und sie nach Geld zu fragen. Ernsthaft? Noch abgehobener kann ein Vorschlag doch kaum sein.

Armut ist in unserer Gesellschaft omnipräsent, vor allem auf „der Straße“ spiegelt sich diese ungefiltert wider. Wer sich nun auf „die Straße“ begibt – und genau dort finden sich nun mal Cafés und Lokale –, der wird sich zwangsläufig dieser Realität stellen müssen. Bremen mit seinen knapp 560.000 Einwohnern ist eine Großstadt. Genau hier müssen sich auch alle treffen dürfen. Die ärmsten und die reichsten.

Der Vorschlag von Senat und Handelskammer klingt fast so, als müsste man die „armen“ Restaurantbesucher vor den „bösen“ Bettlern schützen. Doch das ist zynisch und fern der Realität.

Denn: Zum einen werden Menschen, die für ihr (Über-)Leben auf das Geld anderer angewiesen sind, sich nicht von solchen Verboten abhalten lassen. Ganz zu schweigen davon, dass dieses Verbot niemand wirklich kontrollieren kann. Zum anderen: Jede und jeder, ob nun in der Straßenbahn, am Hauptbahnhof oder im Café, hat die Option, „Nein“ zu sagen. Und wer die Großstadt als seinen Lebensort auswählt, muss irgendwie auch damit klarkommen, nach Geld gefragt zu werden. Das tut nicht weh, das ist Realität. Also: Leben und leben lassen.

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