Seit Monaten berichtet t-online über schwere Versäumnisse einer Waffenbehörde und der Polizei in Schleswig-Holstein. Nun gibt es offenbar weitere, beunruhigende Fehler der Behörden. Wer übernimmt die Verantwortung für das Chaos der Ermittler?

Für die Behörden ist der Fall klar. Peter Frank aus Schwesing bei Husum hat gegen das Waffenrecht verstoßen. Der Waffensammler hatte mehr als 900 Waffen bei sich zu Hause gelagert. Die meisten Waffen waren Karabiner 98. Frank war seit seiner Kindheit von den Waffen fasziniert und galt eigentlich als zuverlässiger Sammler, von dem keine Gefahr ausgeht. In internen Mails wird er sogar als „überpenibel“ beschrieben.

Doch als eine neue Sachbearbeiterin in der Waffenbehörde anfängt, unterstellt sie Frank, er stelle illegal Waffen her. Ein Vorwurf, der sich in Luft aufgelöst hat. Aber die Waffen wurden Frank daraufhin weggenommen. Bei dieser umstrittenen Ausräumaktion kam es offenbar zu Fehlern der Waffenbehörde und des Landeskriminalamtes, wie Recherchen von t-online und des NDR-Politikmagazins Panorama 3 belegen.

Denn die Polizei hat offenbar scharfe Waffen nicht als solche erkannt und die Behörden haben diese in die Hände Dritter gegeben. Wer übernimmt die Verantwortung für die Fehler der Behörden?

Scharfe Waffe nicht als solche erkannt

Schießstand im bayrischen Kulmbach. Der Schütze nimmt das Gewehr mit der Bezeichnung K98 in die Hand. K98 steht für Karabiner 98, ein Gewehr, das in zwei Weltkriegen zum Einsatz kam. Er zieht den Verschluss der Waffe in die letzte Stellung nach hinten und legt damit die Mehrladeeinrichtung der Waffe frei. Dort kann er nun die Patrone des Kaliber 8×57 IS hineindrücken. IS steht für Infanterie Spitz, also Patronen, die für das Schlachtfeld konstruiert wurden, nicht für die Jagd.

Mit dem linken Daumen drückt er die golden schimmernde Patrone in die Einrichtung, bis sie einrastet. Dann führt er den Verschluss mit einem satten metallenen Geräusch wieder nach vorn, verriegelt ihn und die Patrone ist damit in das Patronenlager verschoben. Die Waffe ist schussbereit. Der Schütze sucht den Druckpunkt am Abzug, dann zieht er ihn und der Schuss geht los. Mit mehr als 2.700 km/h verlässt das Geschoss den Lauf. „Diese Waffe ist eine scharfe Waffe, keine Deko-Waffe“, sagt der Büchsenmacher aus Bayern.

t-online und Panorama 3 testen Waffe

Bei dem Test als Zuschauer dabei war auch Peter Frank selbst. „Bei einem guten Schützen ist dieser Schuss absolut tödlich“, sagt Peter Frank, der mit Erstaunen die Szene beobachtete.

Erstaunt ist Frank, weil diese Waffe, mit der soeben geschossen wurde, eigentlich eine Deko-Waffe sein soll. So hat es die Waffenbehörde des Kreises Nordfriesland zumindest behauptet. Bei der Ausräumaktion im Februar 2021, bei der ihm alle Waffen abgenommen wurden, hatten Experten des Landeskriminalamtes seine Waffen nach Deko- und Salutwaffen, also unbrauchbar gemachten Waffen, und scharfen Waffen sortiert. Die scharfen Waffen sollen laut Behörden vernichtet worden sein, die Deko- und Salutwaffen lagerten eine ganze Zeit in der Waffenbehörde, bevor sie an einen Waffenhändler aus Bayern übergeben wurden. Auch diese Waffe, ein Karabiner 98, war bei diesen angeblichen Deko-Waffen dabei.

Fehler über Fehler der Behörden

Frank war sich von Anfang an sicher, dass den Behörden hier ein Fehler unterlaufen sein muss. Und dieser Fehler ist nicht der Einzige. t-online berichtet schon seit Monaten darüber, welche Pannen bei der Ausräumaktion passiert sind; dass Behörden nicht belegen können, ob die Waffen wirklich vernichtet wurden; dass gut 150 Waffen einfach weggekommen sind; dass die Richterin, die über Frank urteilen soll, befangen ist; und dass Akten von LKA-Mitarbeitern nachträglich verändert wurden.

Lesen sie hier die vorherigen Teile der Berichterstattung

Und jetzt zeigen die neuen, gemeinsam mit dem Politikmagazin Panorama 3 vom NDR unternommenen Recherchen, dass Experten offenbar den Unterschied zwischen scharfen Waffen und Dekowaffen nicht erkannt haben. Die Polizei und auch die Waffenbehörde nahmen es offenbar nicht so genau, als sie im Februar 2021 die Waffen von Frank abholten. Oder sie haben es einfach übersehen.

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