Sahra Wagenknecht zieht sich als BSW-Chefin zurück und wird zukünftig vor allem aus dem Hintergrund arbeiten. Für ihre Partei ist das nicht nur eine große Chance, sondern auch ein großes Risiko.

Wenn es kompliziert wird, geht sie. Das ist der Vorwurf, den man schon in den vergangenen Tagen immer wieder hörte, als es um den möglichen Rückzug der Parteichefin des BSW ging. Doch so einfach ist es nicht. Dass Sahra Wagenknecht zukünftig nicht mehr die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht sein wird, muss nicht das Ende der Partei sein. Es ist Chance und Herausforderung, ja Gefahr zugleich.

Erst einmal kann festgehalten werden: Sahra Wagenknecht und ihren Mitstreitern ist etwas gelungen, was vor ihnen so noch keine anderen Parteigründer geschafft haben. Aus dem Nichts haben sie eine neue politische Kraft in Deutschland aufgebaut. Schon wenige Monate nach der Gründung war die Partei in drei Landtagswahlen erfolgreich, und in zwei der drei Bundesländern ist sie sogar an der Regierung beteiligt. Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig.

Auch die 4,97 Prozent bei der Bundestagswahl waren außergewöhnlich gut. Die AfD hatte das bei ihrem ersten Versuch nicht geschafft. Davor kann man, auch wenn man die politischen Positionen des BSW nicht teilt, den Hut ziehen. Und es ist noch nicht einmal ausgeschlossen, dass die Partei sich mit ihrer Forderung nach einer Neuauszählung durchsetzt und eventuell doch noch im Bundestag landet. Sogar seriöse Rechtswissenschaftler sehen hierfür eine Chance.

Dass Sahra Wagenknecht sich trotz dieser Erfolge jetzt zurückzieht, überrascht dann aber doch. Sie möchte sich künftig primär auf inhaltlich-programmatische sowie strategische Fragen konzentrieren, „um das Profil des BSW wieder und weiter zu schärfen“, sagt sie. Das klingt ein bisschen wie: „Ich muss jetzt einmal Luft holen.“ Die letzten zwei Jahre haben offensichtlich ihren Tribut gefordert.

Sie soll zukünftig die neue Grundwertekommission aufbauen und leiten. Das ist Arbeiten im Hintergrund. Und genau hier liegen Chance und Gefahr gleichermaßen.

Gefahr deshalb, weil das BSW in der ersten Reihe das Gesicht verliert. Es gab viele Menschen, die das BSW ausschließlich wegen Sahra Wagenknecht gewählt haben. Sie wird jetzt weniger öffentlich sein, obwohl das fast gar nicht vorstellbar ist, und die Partei könnte so ihr Aushängeschild verlieren. Zugleich wird der Parteiname geändert. Damit könnte die Partei an Bedeutung verlieren – auch medial. Möglich

Aber nicht sicher. Denn das BSW steht mittlerweile auch für mehr als nur ihre Parteichefin. Es gibt neben vielen Quereinsteigern, die das BSW als Bereicherung gezielt aufgenommen hat, auch sehr viele erfahrene Politiker. Amira Mohamed Ali und Fabio De Masi waren lange im Bundestag oder Europaparlament, haben Profil und könnten Wagenknechts Arbeit weiter fortführen.

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