Xi will eine „große Mauer aus Stahl“

Mehr Sicherheit, ein Militär als „große Mauer aus Stahl“ und ein möglichst unabhängiger Hochtechnologiesektor – mit diesen Versprechen will Partei- und Staatschef Xi Jinping die Interessen Chinas wahren, um im sich verschärfenden Großmachtkonflikt mit den Vereinigten Staaten zu bestehen.

In seiner Abschlussrede auf dem Volkskongress kündigte Xi am Montag in Peking dabei an, die Bereiche „Entwicklung und Sicherheit“ künftig besser zu verzahnen. Dabei müsse aber die „zentrale Führung der Partei“ gewahrt bleiben. Damit verdeutlichte Xi abermals, dass er die politische Kontrolle der Kommunistischen Partei über die Wirtschaft, den Staat und alle anderen Bereiche weiter ausbauen will. Viele verstehen das als endgültige Abkehr von der Reform- und Öffnungspolitik früherer Jahrzehnte. Auf die chinesische Wirtschaftskrise ging Xi nicht weiter ein.

Mehr noch als auf seiner Volkskongressrede vor fünf Jahren betonte Xi jetzt sein Konzept von „Sicherheit“, dem absoluten Fixpunkt seiner Politik. Hinter der Regimesicherheit muss auch die wirtschaftliche Entwicklung trotz zurückgehenden Wirtschaftswachstums zurückstehen. „Sicherheit ist die Grundlage von Entwicklung“, sagte Xi vor den knapp dreitausend Delegierten. „Stabilität ist die Bedingung für Wohlstand“. Die öffentliche Verwaltung müsse verbessert und „ein umfassender nationaler Sicherheitsrahmen“ geschaffen werden. Anders als in seiner Rede 2018 brachte Xi dieses Mal die Phrase von „vertiefenden Reformen“ und einer Öffnungspolitik in seiner Ansprache nicht unter.

Keine neuen Angriffe gegen die USA

Erstmals dagegen sprach Xi direkt von „meiner dritten Amtszeit als Präsident“. Bislang hatten es Chinas Staatsmedien in ihrer Berichterstattung über den Volkskongress noch sorgfältig vermieden, Xis mit bisherigen Normen brechende dritte Amtszeit zu erwähnen. Chinas „großer Wiederaufstieg” sei nun ein „unumkehrbarer historischer Prozess“, sagte Xi. Nach einem Jahrhundert des Kampfes sei „die Demütigung der Nation“ durch die Kommunistische Partei beendet worden. Die Modernisierung der Streitkräfte müsse fortgeführt werden, die „Volksbefreiungsarmee in eine große Mauer aus Stahl“ verwandelt werden.

Anders als in den Tagen zuvor griff Xi die Vereinigten Staaten, denen er eine Politik der Eindämmung und Einkreisung gegen China vorgeworfen hatte, verbal in seiner Ansprache nun nicht wieder direkt an. Allerdings äußerte er keine konstruktiven Vorschläge, die Beziehungen zu Washington zu verbessern.

Auch in Richtung Taiwan kamen von Xi keine Drohungen neuer Qualität. Auf bekannter Linie versprach Xi hier „den Prozess der Wiedervereinigung unbeirrbar voranzubringen“. Xi betonte das „Einchinaprinzip“ und wandte sich „entschlossen gegen Einmischung von außen und Taiwanische separatistische Aktivitäten“. In Taiwan wird Anfang kommenden Jahres gewählt. Im dort langsam beginnenden Wahlkampf versucht Peking mit derzeit vergleichsweise milderen Tönen offenbar die Wahlchancen der gegenüber China weit vorsichtiger agierenden oppositionellen KMT-Partei zu erhöhen.

Wirtschaftliche Aussichten durchwachsen

Während Xi keine großen neuen wirtschaftlichen Initiativen verkündete, stellte sich im Anschluss Li Qiang erstmals in seiner neuen Position als Ministerpräsident der breiten Öffentlichkeit vor. Der Ministerpräsident ist in China üblicherweise auch für die Wirtschaft zuständig. Kurz nach der Rede Xi Jinpings sagte Li, das ausgegebene Wachstumsziel von fünf Prozent für dieses Jahr sei „keine einfache Aufgabe“, dazu müsse man die Anstrengungen verdoppeln. In Richtung Washington benutzte auch Li in seiner ersten Pressekonferenz im neuen Amt keine neuen konfrontativen Töne, sondern suchte Unternehmer zu beruhigen, die unter drakonischen Eingriffen durch den Machtapparat leiden. Li erklärte seine Unterstützung der privater Wirtschaft und betonte außenpolitisch, wie sehr die Volkswirtschaften Chinas und Amerikas miteinander verzahnt seien. Dies nutze beiden Seiten. „China und die USA können und müssen kooperieren“, so der Xi-Vertraute Li. „Einkreisung und Unterdrückung liegt in niemandes Interesse“.

Li Qiang versprach eine „Serie kombinierter Maßnahmen, um die Nachfrage auszuweiten“, ohne ins Detail zu gehen. Fraglich bleibt hier auch, wie viele Befugnisse Xi seinem am Ministerpräsidenten zugesteht, zumal die Kommunistische Partei in den vergangenen Tagen weitere Befugnisse etwa in der Finanzaufsicht an sich gezogen hat. China steht neben sinkenden Wachstumsraten einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und einem Geburtenrückgang gegenüber, wie ihn den das Land seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Er wolle sich auf stabiles Wachstum, stabile Preise und stabilen Arbeitsmarkt konzentrieren, so Li, der im Ausland und auf zentralstaatlicher Ebene über so gut wie keine Vorerfahrung verfügt.

Dem suchte Li zu entgegnen, indem er auf seine Zeit als Parteichef von Shanghai verwies, „wo mehr als siebzigtausend auslandsfinanzierte Unternehmen sind“. Dort habe er „viele Gelegenheiten gehabt“, Unternehmensführer ausländischer Firmen zu treffen – einschließlich amerikanischer Unternehmen, so Li, der auf seiner Pressekonferenz allerdings Fragen amerikanischer Leitmedien nicht zuließ. „Und sie alle sagten mir, sie seien optimistisch zu Schanghai und China und dass die Welt miteinander kooperieren sollte.“

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