Worum es im Fall Stormy Daniels geht

Es ähnelte der Rhetorik vor dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021, als Donald Trump seine Anhänger am frühen Samstagmorgen auf die Barrikaden rief. „Ich werde nächste Woche Dienstag festgenommen. Protestiert, holt euch unsere Nation zurück!“, schrieb er in Großbuchstaben in seinem Netzwerk Truth Social. Die „korrupte und hoch politische“ Staatsanwaltschaft Manhattan sei trotz fehlender Beweise und seiner Unschuld hinter ihm her. Bei dem Fall handele es sich um ein „Märchen“.

Sofia Dreisbach

Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Aufgescheucht haben dürften den früheren amerikanischen Präsidenten Medienberichte, nach denen die Strafverfolgungsbehörden sich auf eine mögliche Anklage Trumps und daraus resultierende Proteste vorbereiten. Noch am Freitag hatte einer seiner Anwälte jedoch versichert, sollte es so weit kommen, werde Trump dem „normalen Verfahren folgen“.

Doch worum soll es bei der angeblichen Festnahme gehen? Das erwähnte Trump nicht in seinem Beitrag. Der Fall geht zurück auf das Jahr 2016. Trump war gerade in den letzten Zügen des Präsidentschaftswahlkampfs gegen Hillary Clinton. Es war noch ein Monat bis zur Wahl, da zahlte Trumps Anwalt Michael Cohen – nach eigener Aussage in dessen Auftrag – 130.000 Dollar Schweigegeld an Stormy Daniels. Die Pornodarstellerin sollte nicht über eine Affäre sprechen, die sie nach eigenen Angaben im Jahr 2006 mit Trump hatte, wenige Monate, nachdem seine Frau Melanie den Sohn Barron geboren hatte. Trump selbst bestreitet sowohl die Zahlungsanweisung als auch den Sex mit Daniels.

Um den „Perp Walk“ dürfte Trump herumkommen

Cohen jedoch bekannte sich im Jahr 2018 vor einem Gericht in Manhattan in mehreren Anklagepunkten im Zusammenhang mit der Schweigegeldzahlung schuldig. Er gab an, im Oktober 2018 eine Geheimhaltungsvereinbarung mit Daniels getroffen, die Zahlung über eine dafür gegründete Briefkastenfirma abgewickelt und später als Wahlkampfkosten deklariert zu haben. Außerdem gab Cohen zu, im selben Jahr auch 150.000 Dollar Schweigegeld für das frühere Playboy-Model Karen McDougal eingefädelt zu haben. Dass diese ebenfalls nicht von einer Affäre mit Trump berichtete, stellte eine Vereinbarung mit der Boulevardzeitung „National Enquirer“ sicher, welche die Rechte an der Geschichte mit der Absicht erwarb, sie unter den Teppich zu kehren.

Wird Trump in dieser Sache tatsächlich angeklagt, könnte das Prozedere dem bei Aufsehen erregenden Fällen üblichen Muster folgen: Über die Anklage informieren den Betroffenen – außer die Information ist bereits durchgestochen worden – in der Regel die Anwälte. Sie machen auch einen Termin mit der Staatsanwaltschaft für die üblichen Schritte aus: ein Foto, eine DNA-Probe und Fingerabdrücke. Dann kommt es in den meisten Fällen zu dem für amerikanische Strafverfolgungsbehörden, vor allem in New York, typischen „Perp Walk“: Die Angeklagten werden öffentlich in Handschellen zur Anklageerhebung geführt – ein Schritt, der im Falle Trumps jedoch als sehr unwahrscheinlich gilt.

Stormy Daniels im Mai 2018


Stormy Daniels im Mai 2018
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Bild: AFP

Das Gericht könnte ihm stattdessen eine Vorladung zukommen lassen, die ihn anweist, zu dem Termin zu erscheinen. Bei der formalen Anklageerhebung würde Trump über die Anklagepunkte informiert, seine Anwälte würden sehr wahrscheinlich auf „nicht schuldig“ plädieren. Begleitet würde er auf Schritt und Tritt weiterhin von Secret-Service-Mitarbeitern.

Für den Fall, dass es zu einer Anklage kommen sollte, hatte Trump zuletzt am Donnerstag vorgebaut. Er sei „komplett unschuldig“ und habe „nichts falsch gemacht“, schrieb er auf Truth Social. Der ganze Fall sei eine Hexenjagd des „radikal linken Demokraten-Staatsanwalts“ Alvin Bragg gegen ihn.

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