Frankreich sucht den Schulterschluss mit Großbritannien. Bevor Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch König Charles III. zum Staatsbesuch in Paris und Versailles empfängt, wird er sich an diesem Dienstag mit Oppositionsführer Keir Starmer austauschen. Der Labour-Vorsitzende reist mit großem Gefolge in die französische Hauptstadt. Er wird bei den Gesprächen im Élysée begleitet von Schattenschatzkanzlerin Rachel Reeves, Schattenaußenminister David Lammy sowie seiner Stabschefin, der früheren Partygate-Ermittlerin Sue Gray. Im Élysée-Palast wird Starmer als voraussichtlich künftiger Premierminister gehandelt.
Das Ziel eines Reset der Beziehungen zur EU, wie es Starmer im Gespräch mit der „Financial Times“ erläuterte, entspricht Macrons Vorstellung. „Es ist nicht die Frage, zurück in die EU zu gehen“, sagte Starmer. Aber in den Bereichen Sicherheit, Innovation, Handel, Energie und Forschung strebe er eine vertiefte Kooperation an.
Macron hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit mit London besonders bei Verteidigung und Sicherheit auszubauen. Eine stärkere Einbindung in außenpolitischen Fragen soll über die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) gelingen. Im Frühjahr 2024 will das Vereinigte Königreich den nächsten EPG-Gipfel ausrichten. Im Élysée weist man den Eindruck zurück, dass Premierminister Rishi Sunak über den Empfang Starmers irritiert sein könnte. Macron habe mit Sunak während des G-20-Gipfels einvernehmlich darüber gesprochen.
Staatsbankett im Spiegelsaal von Versailles
Ganz im Zeichen der Entente soll der Staatsbesuch Charles III. stehen. Der König wird mit militärischen Ehren am Triumphbogen empfangen. Die Franzosen dürfen Spalier stehen, wenn er im offenen Wagen die Champs-Élysées hinunterfährt. Anschließend zieht er sich zu einem Gespräch mit Präsident Macron in den Élysée-Palast zurück.
Am Mittwochabend richtet Macron ein feierliches Staatsbankett im Spiegelsaal von Versailles für den hohen Gast aus. Im Königsschloss in Versailles hatte zuletzt Präsident Georges Pompidou 1972 Elisabeth II. empfangen. In Frankreich wird nun darüber debattiert, ob es noch zeitgemäß sei, die königliche Prunkkulisse in Szene zu setzen. Im Élysée verweist man darauf, dass Macron mit Charles über die bilateralen Beziehungen reden wolle.
Georges Pompidou empfängt Elisabeth II. am 15. Mai 1972 auf Schloss Versailles.
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Bild: AFP
Ein Schwerpunktthema sei dabei Biodiversität und Klimaschutz. Dazu wird im Naturhistorischen Museum in Paris eine Diskussionsrunde mit dem König organisiert. Zudem wird der Französisch sprechende Monarch im Senat eine Rede vor Senatoren und Abgeordneten der Nationalversammlung halten und die Baustelle von Notre-Dame besichtigen.
Geplant ist auch ein Austausch mit Rugby-Spielern, da Frankreich derzeit die Rugby-Weltmeisterschaft ausrichtet. Im Anschluss reist das Königspaar nach Bordeaux. Der König plant, sich dort die Bepflanzungsbemühungen nach dem Großbrand im Sommer 2022 erläutern zu lassen. Außerdem will das Königspaar ein Weingut besuchen, das für seine Weine aus biologischem Anbau bekannt ist.
Der Buckingham-Palast teilte zu dem bevorstehenden Staatsbesuch mit, es gehe darum, die Stärke der bilateralen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Französischen Republik herauszustellen. Zudem wurden der Schutz der natürlichen Vielfalt und der Kampf gegen den Klimawandel hervorgehoben. Die militärische Kooperation und der gemeinsame Beistand für die Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression folgten erst an dritter Stelle. Hinweise auf eine Zusammenarbeit bei der Verminderung illegaler Migration fehlten ganz.
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Die Verbindung mit Frankreich ist in London jüngst vor allem deswegen präsent geblieben, weil ursprünglich die erste offizielle Reise des Königs in seiner Rolle als Monarch hatte dorthin führen sollen. Sie musste in letzter Minute wegen der gewalttätigen Proteste gegen die Rentenreform verschoben werden. So konnten Deutschland und Berlin, die eigentlich im vergangenen März erst das zweite Reiseziel hätten sein sollen, für sich die Ehre in Anspruch nehmen, das erste Besuchsziel Charles III. gewesen zu sein.
Um die außergewöhnliche Ausladung im vergangenen Frühjahr zu relativieren, weist der Buckingham-Palast in seinen Reiseinformationen darauf hin, der König sei in seiner Funktion als Prince of Wales bereits 34 Mal in offizieller Mission in Frankreich gewesen. Für Königin Camilla sei es immerhin die neunte offizielle Reise.