Israel: Netanjahu nennt Reformgegner Extremisten

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Anführer des Protests gegen die Justizreform als „Extremisten“ bezeichnet und ihnen vorgeworfen, sie wollten „das Haus abbrennen und im Land Chaos stiften“. Ihr Ziel sei, eine sechste Parlamentswahl seit 2019 herbeizuführen, sagte er am Sonntag. Am Abend zuvor hatten das neunte Wochenende in Folge zahlreiche Israelis gegen die umstrittene Reform demonstriert, die zu einer Schwächung der Judikative führen würde.

Christian Meier

Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

Mit etwa 250.000 Personen wurde eine Rekordteilnehmerzahl der samstäglichen Proteste registriert. In Tel Aviv, wo etwa 160.000 Menschen zusammenkamen, warnte der Historiker Yuval Noah Harari die Regierung: „Ihr wisst nicht, mit wem ihr es zu tun habt – Israelis sind keine Leute, die man gut zu Sklaven machen kann.“

Netanjahu warf den Protestführern vor, einen Dialog zu verweigern. Es sei noch nicht zu spät, miteinander zu reden, sagte er. Mehrere Minister äußerten die Bereitschaft, sich am Dienstagabend in der Residenz des Präsidenten mit Oppositionsvertretern zu treffen, um über die Reform zu sprechen. Wirtschaftsführer hatten die Politiker öffentlich dazu aufgerufen.

Auch Teile der Armee lehnen die Reform ab

Die Oppositionsführer Jair Lapid und Benny Gantz wiesen das Gesprächsangebot zurück. Sie wiederholten den Standpunkt der Gegner der Reform, dass diese zuerst ausgesetzt werden müsse. Diese Forderung wird auch von immer mehr Reservisten erhoben. Über das Wochenende kündigten mehr als 150 Cyber-Spezialisten sowie fast alle Angehörigen einer Eliteeinheit der Luftwaffe an, den Armeedienst zu verweigern, sollte die Reform weiterverfolgt werden.

Die Koalition treibt den Gesetzgebungsprozess indessen voran. Der Justizausschuss der Knesset leitete zwei geplante Gesetzesänderungen an die Knesset weiter. Die eine hält fest, dass das Oberste Gericht Gesetze nur zurückweisen kann, wenn mindestens 12 der 15 Richter zustimmen. Die zweite sieht vor, dass die Knesset das Gericht in solchen Fällen mit absoluter Mehrheit überstimmen kann.

Kontroversen gibt es weiterhin auch über Finanzminister Bezalel Smotrich. Seine Forderung, den palästinensischen Ort Huwara „auszuradieren“, bezeichnete er am Wochenende als emotionalen „Versprecher“. Manche Dinge meine man nicht wörtlich, schrieb er auf Twitter und zog einen Vergleich zu einer angeblichen Äußerung des Botschafters der USA in Israel: Er sei „zuversichtlich“, schrieb Smotrich, dass auch Tom Nides „nicht dazu anstiften wollte, mich umzubringen, als er sagte, ich solle aus dem Flugzeug geworfen werden“. Die amerikanische Botschaft wies zurück, dass Nides sich so geäußert habe.

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