Iran droht mit Gegenmaßnahmen: Keine Erleichterungen der Sanktionen

Im Atomstreit hat Iran am Freitag mit „Gegenmaßnahmen“ gedroht, weil europäische Staaten an bestimmten Sanktionen festhalten wollen, die gemäß UN-Beschlüssen im Oktober auslaufen sollen. Die E3 (Großbritannien, Deutschland, Frankreich) hatten das am Donnerstag damit begründet, dass Iran massiv gegen die Vereinbarung von 2015 (JCPOA) verstößt, die das iranische Atomprogramm engen Grenzen unterwirft.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für die Türkei, Iran, Afghanistan und Pakistan mit Sitz in Ankara.

Iran reichert inzwischen Uran bis kurz vor der Schwelle der Waffentauglichkeit an, wenngleich die Geschwindigkeit der Produktion in den vergangenen Monaten gedrosselt wurde. Teheran begründet das damit, dass die USA 2018 zuerst aus dem JCPOA ausgestiegen sind und einseitig ein dichtes Sanktionsgeflecht errichtet haben. Verhandlungen in Wien über eine Rückkehr zur Vereinbarung, an denen auch Russland und China beteiligt waren, liegen seit dem vergangenen Frühjahr auf Eis.

Die letzten im UN-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen wegen des iranischen Atomprogramms sollen gemäß dem JCPOA am 18. Oktober auslaufen. Die E3 wollen sie nun weiterhin anwenden. Dabei geht es allerdings nicht mehr um weitreichende Wirtschaftssanktionen, sondern vor allem um solche, die sich auf Komponenten für ballistische Raketen beziehen. Die USA haben einen vergleichbaren Schritt schon im Juli getan. Die Außenministerien der E3 teilten mit, Iran habe die Gelegenheit zweimal ausgeschlagen, zum JCPOA zurückzukehren. Aus iranischer Sicht scheiterte eine Einigung daran, dass die USA keine wasserdichte Garantie abgeben konnten, dass sie nicht abermals einseitig aussteigen. Zumal bei der anstehenden Präsidentenwahl der erklärte JCPOA-Gegner Donald Trump wieder kandidieren möchte.

Bewegung bei Gefangenenaustausch

Die E3 wiesen jedoch darauf hin, dass Iran „sein Nuklearprogramm über die im JCPOA vorgesehenen Beschränkungen hinaus und ohne glaubwürdige zivile Rechtfertigung“ weiter ausgebaut habe. Besorgnis erregt, dass sich die Bestände an angereichertem Uran auf mehr als das Achtzehnfache der nach dem JCPOA zulässigen Menge belaufen und statt auf bis zu 3,67 Prozent auf bis zu 60 Prozent angereichert werden. Anfang dieses Jahres wurden sogar Partikel gefunden, die bis auf 84 Prozent angereichert wurden, das ist nahezu die Grenze zur Waffentauglichkeit. Darüber hinaus verstößt das Land gegen seine unabhängig von JCPOA bestehenden Transparenzverpflichtungen gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).

Der Versuch, im Atomstreit den Druck zu verstärken, wird kurz vor Beginn der UN-Vollversammlung in der kommenden Woche unternommen. Gleichzeitig finden aber auch Gespräche zwischen den westlichen Staaten und Iran statt. Auf Verhandlungen zwischen den USA und Iran wird zurückgeführt, dass die Anreicherung auf 60 Prozent zuletzt gedrosselt wurde.

Auch in Sachen Gefangenenfreilassung gibt es Bewegung. Der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian erklärte sich am Donnerstagabend zum Austausch mit den USA von jeweils fünf Häftlingen. Die von Katar in monatelangen Verhandlungen vermittelte Vereinbarung sieht außerdem vor, dass die USA iranische Vermögenswerte in Südkorea im Volumen von sechs Milliarden Dollar freigeben. Mit Amirabdollahian telefonierte auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch. Das war das erste Gespräch der beiden, seit sie im Frühjahr 2022 auf der Münchner Sicherheitskonferenz aufeinandergetroffen waren.

Iran spricht von „böser Absicht“

Das Auswärtige Amt teilte später mit, dass im Fokus die „deutschen Konsularfälle“ gestanden hätten. Mehrere deutsche Doppelstaatler sitzen in iranischen Gefängnissen, darunter Jamshid Sharmahd, zum Tode verurteilt. Aber auch das Atomprogramm bleibt Thema. „Wir setzen uns weiterhin für eine diplomatische Lösung ein“, teilten die E3-Außenminsterien mit.

Zu hören ist, dass es am Rande der UN-Vollversammlung nächste Woche in New York zu Gesprächen mit dem iranischen Verhandler kommen soll. Ranghohe Diplomaten sind aber zurückhaltend mit Blick auf die Chancen, dass es zu einem Durchbruch kommen könnte. Die Erwartung aus Berlin ist, dass Iran dafür erst noch mehr leisten muss.

Das iranische Außenministerium wiederum bezeichnete die Beibehaltung der Sanktionen als „illegale, provokative Handlung“, die in „böser Absicht“ getroffen worden sei. Die Europäische Union und die E3-Staaten würden damit gegen ihre „Verpflichtungen im Rahmen des JCPOA“ verstoßen. Der Schritt werde „sich negativ auf den Prozess der Kooperation auswirken“, hieß es in der Mitteilung weiter. Es sei „inakzeptabel“, dass die EU den Schritt mit iranischen Maßnahmen begründeten, die in Reaktion auf den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem JCPOA ergriffen worden seien.

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