CDU lobt Merkel doch noch

Ganz zum Schluss der Debatte, als letzter Redner, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci, auch die unsinnigste Aktuelle Stunde nehme einmal ein Ende, und zwar genau jetzt. Eine Stunde hatten die Abgeordneten da am Donnerstagnachmittag auf Antrag der AfD über Angela Merkel gesprochen, genauer gesagt über die Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung an die ehemalige Bundeskanzlerin durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Für SPD, Grüne, FDP und Linke mochte Castelluccis Wertung zutreffen, sie hätten die Diskussion nicht gebraucht. Doch zumindest aus Sicht der CDU, der Merkel angehört, war sie überhaupt nicht unsinnig oder unnötig. Im Gegenteil. Das wurde in dem Satz deutlich, den Castellucci wenige Minuten zuvor in Richtung der CDU/CSU-Fraktion gesprochen hatte: Die Union brauche schon die AfD, um Merkel geschlossen zu loben.

Am Montag hatte der Bundespräsident die ehemalige Kanzlerin mit dem höchsten von ihm zu vergebenden Orden, den bis dahin nur ihre Vorgänger Konrad Adenauer und Helmut Kohl bekommen hatten, ausgezeichnet. Seither war von der Spitze der CDU nur dröhnende Stille oder ein bisschen Krittelei zu hören gewesen. Das war vor allem im Fall des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz aufgefallen. Ihn und Merkel verbindet eine solide Abneigung.

Andere in der CDU wollten mehr sagen als Merz

In einer Pressekonferenz war Merz der Frage, wie er es mit dem Orden für Merkel halte, ausgewichen, in einer ARD-Talkshow dann ebenso. Ob er Merkel gratuliere, wurde er von der Moderatorin gefragt. „Es gibt überhaupt keine Veranlassung, darüber jetzt öffentlich zu diskutieren, ob ich das tue oder nicht“, hatte Merz geantwortet. Er sitzt auch der Unionsfraktion vor. Und dann: „Ich gebe dazu keine öffentliche Stellungnahme ab. Das ist eine Sache, die ist in Ordnung.“

Andere in CDU und CSU wollten offenbar mehr sagen und nutzten am Donnerstag die Gelegenheit. Als erster Unionsabgeordneter sprach der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei, neben dem Vorsitzenden der wichtigste Mann in der Fraktion. Als wollte er in seinen fünf Redeminuten alles versäumte Lob nachholen, zeigte Frei sich „stolz“, dass drei Kanzler „aus unseren Reihen“ mit dem Großkreuz geehrt worden seien, stolz, dass es jetzt eine Frau war.

Frei erinnerte daran, in welch schwierigen Zeiten – Wirtschaftskrise, Migrationskrise, Pandemie – Merkel Kanzlerin gewesen sei, rühmte, dass sich unter ihrer Führung die Zahl der Arbeitslosen halbiert habe, es in Deutschland einen Höchststand an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gegeben habe, dass die Verschuldung zurückgeführt worden sei. „Herausragende Erfolge“ machte Frei aus, einen „unglaublichen Wohlstandszuwachs“. Diese Erfolge könne man nicht ernsthaft bestreiten, sagte der CDU-Abgeordnete. Gleichwohl sei die Auszeichnung „kein Unfehlbarkeitsorden“. Auch die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär wollte nicht zurückstehen und lobte Merkel ausgiebig, unter anderem dafür, dass sie Deutschland durch die großen Krisen während ihrer Amtszeit geführt habe.

Durch den Antrag der AfD war für die Union die Gefahr entstanden, allein mit den Abgeordneten vom rechten Rand des Parlaments übrig zu bleiben, wenn sie sich nicht zum deutlichen Merkel-Lob entschlossen hätte. Abgeordnete von SPD, FDP und Grünen fanden zwar auch kritische Worte zu den politischen Leistungen Merkels, ließen aber keinen Zweifel an deren Lebensleistung und ihrem Einsatz für Deutschland. Der FDP-Parlamentarier Otto Fricke empfahl rundheraus, „einfach mal Danke“ zu sagen.

Sogar die Linke wirkte unentschlossen in ihrer Merkel-Kritik. Der Abgeordnete Jan Korte nörgelte vor allem an der Praxis der Ordensverleihung herum. Da empfahl es sich für die Unionstruppen nicht, am Ende nur noch an der Seite der AfD-Frau Beatrice von Storch zu stehen. Die sah nur Gutes darin, dass während der Amtszeit Merkels die AfD entstanden sei.

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