Der wegen Foltervorwürfen angeklagte Alaa M., hier am 19. Januar 2022 zum Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.
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Ein Rechtsmediziner ordnet vor dem Oberlandesgericht Frankfurt Fotos getöteter Syrer ein. Sein Gutachten ist eine bedrückende Dokumentation über die Brutalität des Assad-Regimes.
Es ist Tag 72 im Prozess gegen den aus Syrien stammenden Arzt Alaa M. vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt – und er geht den Anwesenden im Saal II des Gerichtsgebäudes E unter die Haut. Von 10.45 Uhr an blicken sie über Stunden in die Gesichter und auf die Körper unzähliger Leichname. Die auf eine Leinwand projizierten Bilder sind Teil eines Gutachtens, das im Auftrag der Bundesanwaltschaft erstellt wurde.
Eva Schläfer
Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Alaa M., inzwischen 38 Jahre alt, ist wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Oberstaatsanwältin Anna Zabeck wirft ihm vor, in den Jahren 2011 und 2012 in Militärkrankenhäusern in Homs und Damaskus sowie in einem Gefängnis in Homs in 18 Fällen Menschen gefoltert und einen dieser Menschen anschließend getötet zu haben. Es ist erst das zweite Mal, dass sich jemand in Deutschland für die Folterungen des Assad-Regimes verantworten muss. Nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip ist die Bundesanwaltschaft verantwortlich für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, selbst wenn sie nicht in Deutschland begangen wurden und weder Täter noch Opfer Deutsche sind.