Beamtenkabinett löst Regierung Heger ab

Nachdem der bisherige slowakische Ministerpräsident Eduard Heger seinen Rücktritt erklärt hatte, hat Präsidentin Zuzana Čaputová am Sonntag angekündigt, Ludovít Ódor zum Nachfolger zu ernennen. Dieser war bisher Vizegouverneur der slowakischen Notenbank NBS und soll bis zur vorgezogenen Neuwahl am 30. September ein Beamtenkabinett aus parteilosen Fachleuten führen. Dem Paukenschlag in Pressburg (Bratislava) vorangegangen wa­ren in der vergangenen Woche die Rücktritte von Landwirtschaftsminister Samuel Vlčan wegen einer Korruptionsaffäre sowie von Außenminister Rastislav Káčer. Vor allem letzterer kam überraschend.

Heger hatte zuletzt versucht, die Reste seiner Minderheitsregierung zu retten. Er bot Präsidentin Zuzana Čaputová an, entweder nur die vakant gewordenen Posten mit parteilosen Fachleuten zu besetzen oder selbst als Regierungschef zurückzutreten, um zumindest diejenigen Ressortchefs weiter arbeiten zu lassen, die für die Verteilung von Sozial- und Wirtschaftshilfen sowie die Unterstützung der Ukraine verantwortlich seien. Das habe Čaputová jedoch nicht akzeptiert.

Heftige Turbulenzen seit der Wahl 2020

Schon die Regierung Heger hatte nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum im Dezember nur noch eingeschränkte Kompetenzen. Die Mitte-rechts-Koalition war zuvor auseinandergebrochen. Die 2020 an­getretene Regierung, zunächst unter Igor Matovič, dem Chef der konservativen Partei Olano, war von An­fang an heftigen Turbulenzen ausgesetzt, die vorwiegend aus der Koalition selbst herrührten. Matovič lieferte sich beständig Hahnenkämpfe mit seinen Koalitionspartnern. 2021 trat Matovič zugunsten seines damaligen Parteifreunds Heger zurück, blieb aber als Finanzminister im Kabinett. Weil die Querelen weitergingen, ging die liberale SaS in die Opposition. Seither hat die Regierung keine Mehrheit mehr.

Diese Situation kommt vor allem den sich als sozialdemokratisch bezeichnenden Oppositionsparteien zugute. Das ist die Smer („Richtung“) unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Robert Fico und die von Smer abgespaltene Hlas („Stimme“) unter Peter Pellegrini, ebenfalls ein früherer Regierungschef. Beide haben sich gegen die bisherige slowakische Politik einer starken militärischen Unterstützung der Ukraine unter anderem mit Kampfflugzeugen gestellt. Fico spricht sich gegen jegliche Waffenlieferungen aus. Mitglieder der bisherigen Regierung beklagen auch Desinformationskampagnen durch russlandfreundliche Me­dien und Plattformen in den sozialen Medien.

Da nach derzeitigen Umfragen eine künftige Regierung, bei der nicht Fico oder Pellegrini an der Spitze stehen, unwahrscheinlich er­scheint, könnten die derzeitigen Turbulenzen erhebliche Auswirkungen auf die Außenpolitik haben.

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