Kürzlich, in einer Diskussionsrunde des Bayerischen Fernsehen, wurden die anwesenden bayerischen Spitzenpolitiker gefragt, wie sie ihre Politik im Landtagswahljahr 2023 auf den Begriff bringen würden. Hubert Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident und Vorsitzender der Freien Wähler, sagte: „Politik mit gesundem Menschenverstand.“ Was darunter zu verstehen ist, darüber gehen die Ansichten auseinander – gerade Aiwanger wird der gesunde Menschenverstand gern abgesprochen, zumal in den sozialen Medien. Das liegt auch daran, dass er gerade dort am meisten Anlass dafür bietet.
Es ging los mit seinem nachdrücklichen Einsatz für die staatliche Subventionierung von Schneekanonen – eine Debatte, die nicht leicht zu gewinnen ist. Man erinnere sich an die Bilder von den Olympischen Winterspielen in Peking. In Deutschland schüttelte man den Kopf über weiße Bänder in ansonsten schneeloser Landschaft. Derlei gab es bis zuletzt auch in den Alpen. Aiwanger hat für die Beschneiung der Pisten Argumente, die auch von anderen geteilt werden. „Wenn wir nicht beschneien, fahren die Touristen eben nach Österreich. Dann verdienen wir kein Geld, und der Umwelt ist erst recht nicht gedient“, sagt er der F.A.Z.
Aiwanger schwächt aber seine eigene Position, indem er triftige Bedenken ins Absurde zieht. Als er kürzlich im Deutschlandfunk gefragt wurde, ob er Skifahren für den Sport der Zukunft hält, sagte Aiwanger: „Ob in hundert Jahren noch Ski gefahren wird, wissen wir nicht. Vielleicht schlägt bis dorthin auch ein Meteorit in unsere liebe Erde ein.“ Aber derzeit habe man eben noch genügend Frosttage, um zu beschneien. „Wir können uns ja nicht schon vorher erschießen aus Angst vor dem Sterben.“
„Hallo Grüne, schon mitbekommen?“
Als nach Wochen der Wintermilde dann doch wieder Naturschnee vom Himmel rieselte, schrieb Aiwanger auf Twitter an seine Lieblingsgegner: „Hallo Grüne, schon mitbekommen, dass Petrus die Schneekanone wieder eingeschaltet hat? Natürlichen Schnee gibt es ja nach Eurer Ideologie nicht mehr. Auch Skifahren geht aktuell wieder, habt Ihr vor 14 Tagen noch für überholte Sportart angesehen.“
Ähnlich seine Argumentation in Sachen Tempolimit. In der Runde im Bayerischen Fernsehen sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann, ganz Europa habe ein Tempolimit, das funktioniere. Aiwanger antwortete unter dem Gelächter des Publikums: „Und, wird es da nicht wärmer?“ Der F.A.Z. sagt er dazu, das sei natürlich eine flapsige Antwort gewesen, aber sie entlarve das „monokausale Denken der Grünen“. Dass eine Studie des Umweltbundesamts diese Woche ergab, ein Tempolimit von 120 auf Autobahnen könnte im Jahr etwa 6,7 Millionen Tonnen CO2 einsparen und damit mehr als bisher von der Behörde angenommen, lässt Aiwanger nicht gelten: „Die rechnen es sich hin, wie sie es brauchen.“ Ein Tempolimit mache sich beim Klimawandel „vielleicht an der fünften Stelle hinterm Komma“ bemerkbar. „Ich sage ja nicht, dass sich das Klima nicht ändert“, äußert Aiwanger. „Aber es ist naiv, zu glauben, dass wir daran etwas ändern können, wenn wir etwas langsamer Auto fahren. Wir brauchen Alternativen wie Wasserstoff, aber das wollen die Grünen nicht hören, weil es ihnen in Wirklichkeit gegen das Auto an sich geht.“