Höhe des Mindestlohns
Gericht entscheidet: EU hat Kompetenzen überschritten
Aktualisiert am 11.11.2025 – 11:56 UhrLesedauer: 3 Min.
Darf die EU Kriterien für die Festsetzung von Mindestlöhnen vorgeben? Das höchste europäische Gericht hat jetzt eine Entscheidung getroffen.
Die EU hat bei der Festlegung von einheitlichen Standards für Mindestlöhne ihre Kompetenzen überschritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg erklärte zwei Bestimmungen in der EU-Mindestlohnrichtlinie für nichtig.
Dabei handelt es sich einerseits um Kriterien für die Festlegung und Aktualisierung der Löhne und andererseits eine Vorschrift, die eine Senkung der Löhne unterbindet, wenn sie einer automatischen Indexierung unterliegen. Gegen das 2022 von den EU-Staaten per Mehrheitsentscheidung beschlossene Regelwerk hatte Dänemark geklagt. Der Gerichtshof gab dem Land damit teilweise recht.
Dass der EU-Gesetzgeber Kriterien für die Festlegung der Mindestlöhne aufgeführt habe, sei ein unmittelbarer Eingriff in die Festsetzung des Arbeitsentgelts, urteilten die Richterinnen und Richter. Die Höhe der Löhne ist nach den EU-Verträgen jedoch Angelegenheit der Mitgliedstaaten. Die EU darf mit Richtlinien lediglich beispielsweise Arbeitsbedingungen regeln. Das Gleiche gelte für die Vorschrift, die eine Senkung der Löhne unterbindet, wenn sie einer automatischen Indexierung unterliegen.
Im Übrigen bleibt die Mindestlohnrichtlinie dem Urteil zufolge bestehen. Sie verpflichtet die Länder etwa weiterhin, auf hohe Abdeckungsraten von Tarifverträgen hinzuwirken. Der EuGH verneinte hier einen unmittelbaren Eingriff in das Koalitionsrecht, das ebenfalls in der Zuständigkeit der EU-Länder liegt. Die Bestimmung verpflichte die Mitgliedstaaten nämlich nicht, zu regeln, dass mehr Arbeitnehmer einer Gewerkschaft beizutreten haben.
Für Deutschland bedeutet das, dass das Land weiterhin einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung vorlegen muss. Die Pflicht gilt nach der Mindestlohnrichtlinie, wenn weniger als 80 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst werden. Deutschland hat das nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bisher noch nicht gemacht, obwohl es den Schwellenwert nicht erreicht. Dies soll den Angaben zufolge bis zum 31. Dezember geschehen. Es wurden bereits Stellungnahmen von Sozialpartnern eingeholt.
„Entgegen dem europäischen Trend ist die Tarifabdeckung in Deutschland in den letzten zwei Dekaden rapide gesunken, auf um die 50 Prozent“, sagte der Politikwissenschaftler Martin Höpner vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. Das sei dramatisch, der deutsche Gesetzgeber sollte hier unbedingt mehr tun, so Höpner. Dies könne er jedoch sowohl mit als auch ohne EU-Richtlinie.
