Die gute Nachricht für Krebskranke mit sonst kaum behandelbaren Tumoren und das Uni-Klinikum in Marburg lautet: Die Krankenkassen zahlen auch in der Zukunft für die Partikeltherapie, von der unter anderem der ehemalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) profitiert hat. Die weniger gute Nachricht ist aus Sicht des Klinikums die kaufmännische Seite der Übereinkunft mit den Kostenträgern.
Thorsten Winter
Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für Mittelhessen und die Wetterau.
Denn nach den Worten des Vorsitzenden der Geschäftsführung des Universitätsklinikums, Gunther Weiß, erhält das Haus für jede Behandlungsreihe nur unwesentlich mehr Geld als zuletzt. Der Aufschlag liegt unterhalb der Inflationsrate, wie Weiß sagte. Doch schon zuletzt musste das Klinikum die Partikeltherapie finanziell stützen. Am Ende des Wirtschaftsjahres stehe bisher ein Minus von 2,5 Millionen Euro bei einem Gesamtgewinn des Uni-Klinikums Gießen und Marburg von 11,9 Millionen Euro.
„Finanzierung der Partikeltherapie unzureichend“
Schon aus diesem Grund ist der Klinikchef mit der Übereinkunft nicht rundum zufrieden und möchte nachverhandeln. Einerseits könnten weiterhin Patienten von der Anlage profitieren. Andererseits ist aber nicht nur die Finanzierung durch die Kostenträger aus Sicht des Klinikums unzureichend – Weiß hadert zudem mit der kurzen Laufzeit der Verträge. Sie sind nach seinen Worten nur auf zwei Jahre angelegt. Dieser Umstand erschwere aber dem Klinikum und Siemens Healthcare als Hersteller und Betreuer der Technik die Planung für die weitere Zusammenarbeit.
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Das Herzstück der Marburger Anlage ist ein 90 mal 50 Meter messender Teilchenbeschleuniger. Siemens hat sich schon vor Jahren im Grunde von dieser Technik verabschiedet und entwickelt sie nicht weiter, ist aber als Dienstleister erhalten geblieben. Das Unternehmen hat dem mittelhessischen Universitätsklinikum im Frühjahr auch schon die Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit signalisiert. Weiß hätte gerne eine längere Laufzeit, zumal der Krebs- und Strahlenmediziner Sebastian Adeberg erst im Frühjahr von Heidelberg an die Lahn gewechselt ist, um das Partikeltherapiezentrum zu leiten und weiterzuentwickeln.
Strahlen fächern sich im Tumor auf
Die Anlage verfügt über eine besondere Strahlkraft, weil sie Tumore sowohl mit Wasserstoffionen als auch mit Schwerionen bekämpfen kann. Für die zweite Variante verschießt der Teilchenbeschleuniger Kohlenstoffionen. Diese Art der Strahlentherapie zeichne sich im Vergleich zu der anderen Variante durch die höhere biologische Wirksamkeit aus. Dies wiederum sei der viel dichteren Energieabgabe an das durchstrahlte Gewebe zu verdanken Demnach schädigen die Strahlen auf dem Weg zum Ziel kaum das umliegende Gewebe und fächern sich dann im Tumor auf. Das Geschwür wird zuvor dreidimensional gerastert.
Weiß ist nach seinen Worten schon auf die Krankenkassen mit der Bitte um Nachverhandlungen zugegangen – aber auf wenig Gegenliebe gestoßen. Er will es im zweiten Halbjahr nochmals versuchen. Um wirtschaftlich voranzukommen, solle die Anlage mehr Patienten behandeln. Weiß gibt 450 statt 350 im Jahr als Ziel aus. Dies soll etwa durch Kooperationen mit der Türkei und Zypern gelingen.