Die akribisch geplante Veranstaltung in der Berliner Residenz rückt näher. Die Stühle sind hübsch arrangiert, Namensschildchen für das obligatorische Netzwerken liegen parat, das Buffet ist angerichtet. Fehlen nur noch die Gäste. 120 Anmeldungen, prahlt der Veranstalter vor seinen Kollegen, so viele habe es lange nicht mehr gegeben. Das klingt wie Musik in den Ohren des anwesenden Sponsors, der das Event mit einer üppigen fünfstelligen Finanzspritze unterstützt und staunt, wie exzellent alles vorbereitet ist. Zumindest noch, denn nun sind es nur noch zehn Minuten, ehe das große Abendprogramm beginnt. Und es fehlen noch 80 angemeldete Gäste, verrät ein Blick auf die Liste und in den gähnend leer wirkenden Saal.
Kein Grund zur Sorge, beschwichtigt der Veranstalter, heutzutage tauchen die meisten erst kurz vor knapp auf. Schließlich habe er schon Hunderte Veranstaltungen über die Bühne gebracht. In den Gesichtern der Moderatoren, die auf einen prall gefüllten Saal gebaut hatten, zeichnen sich unterdessen Sorgenfalten ab.
Das gibt’s doch nicht! Ein paar Gäste trudeln noch ein, doch es sind geradezu peinlich wenige. Nur noch fünf Minuten. Nun zückt auch der Veranstalter, der sich eben noch so selbstbewusst gab, das Handy, verlässt den Raum, sucht offenbar nach einem Plan B. Unmöglich! Was soll’s, auf in den Kampf. Ein klassischer Fall der „No-Show-Rate“.
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Denn spontanes Nichterscheinen ist ja das neue Normal geworden, nicht nur hier. Alles scheint neuerdings irgendwie optional, trotz fester Zusage. „Die Planung“ oder andere Eventualitäten haben es mal wieder nicht zugelassen, pünktlich zur digitalen Konferenz oder überhaupt zu einem Termin zu erscheinen, heißt es dann. Dabei ist allen Beteiligten klar: Es liegt nur selten an Krankheiten oder einem Notfall; es gibt keinen „spontanen“ Termin, keinen „Chef, der mich noch zu sich zitiert hat“, und auch keine anderen Symptome. Ein Wort gibt’s aber dafür: unhöflich. Im digitalen und hybriden Zeitalter ebenso sehr wie auf Live Events, die dem Veranstalter einst noch ein treues Publikum bescherten.
In der Kolumne Nine to five schreiben wechselnde Autoren über Kuriositäten aus Büro und Hochschule