die absolute Orientierung der Nordfriesen

Wenn die Teetasse nicht „rechts“, sondern „südlich“ vom Kuchenteller steht, wenn man „rauf“ zum Bäcker und „runter“ zum Sportplatz geht, obwohl die Landschaft flach ist, so weit das Auge reicht, dann – befindet man sich in der Welt der Nordfriesen. Genauer gesagt in ihrer Sprachwelt. Deren begriffliche Orientierung im Raum wirkt auf den Außenstehenden ziemlich exotisch. Denn im Deutschen verwendet man im Nahbereich in der Regel Wörter wie rechts, links, vor oder hinter. Was sie bedeuten, ist entweder relativ, nämlich von der eigenen Blickrichtung abhängig. Oder es bezieht sich auf einen Gegenstand mit eingebauter Vorder- und Rückseite, ist also „intrinsisch“ zu verstehen: Wenn jemand „vor“ dem Fernseher sitzt, ist klar, dass er sich gegenüber dem Bildschirm befindet.

Die Nordfriesen hingegen verwendeten bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein Raumbegriffe, die auf einem absoluten Koordinatensystem und einem entsprechenden Orientierungsvermögen beruhten. Nach welchen Regeln dieses sprachlich-kognitive System, das in Resten noch heute existiert, funktionierte, hat der Friesisch-Forscher Christoph Winter von der Universität Kiel untersucht.

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