Bullige Rocker sollen im Eisstadion der Hannover Scorpions aufgelaufen sein und Besucher angerempelt haben. Einige verteidigen den Einsatz, andere sind entsetzt. Ein Fanbeauftragter trat zurück.

Haben die Verantwortlichen der Hannover Scorpions gewaltbereite Rocker der ehemaligen Hells Angels Hannover gezielt für ein Eishockeyspiel engagiert, um gegnerische Fans einzuschüchtern? Fotos und Berichte von Anhängern der Gastmannschaft legen das nahe. Der Verein schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Dafür äußern sich jetzt Fanvertreter. Steffen Wiebe, der bis vor Kurzem Fanbeauftragter der Scorpions war, nennt den Rocker-Einsatz eine „Vollkatastrophe für die Außendarstellung“. Andre Arthur, der Vorsitzende des Hannover Scorpions Fanclubs SFA, verteidigt ihn hingegen: „Die Hells Angels sind auch nur normale Menschen“, sagt er. Der Verein habe die Rocker offenbar als Verstärkung für den normalen Ordnerdienst geholt.

Die Hells Angels – ganz normale „Jungs“?

Derzeit duellieren sich die Hannover Scorpions mit den Blue Devils Weiden. Die bisherigen Begegnungen waren nicht nur auf dem Eis ruppig, auf den Rängen kochten ebenfalls Emotionen hoch. Mal flog ein Bierbecher, mal flogen Fäuste. Zwei Weidener Fans wurden beim zweiten Spiel der Serie in Hannover hart angegriffen, einer musste danach mit mehreren Stichen genäht werden. Fans zufolge soll der Schläger ein Sicherheitsmitarbeiter der Hannoveraner gewesen sein.

In der Best-of-Seven-Finalserie geht es um den Aufstieg aus der Oberliga in die DEL2, die zweithöchste deutsche Eishockeyliga. Aktuell steht es 2:3 gegen Hannover – und die Nerven scheinen blank zu liegen. Vor dem Hannoveraner Heimspiel am vergangenen Sonntag sollen die Weidener Fans angeblich angekündigt haben, das Eisstadion der Scorpions zu zerlegen. So schildert der Fanclub-Vorsitzende Arthur das Brodeln in der Gerüchteküche – und auch der Ex-Fanbeauftragte Wiebe spricht von einem hohen Gefahrenpotential.

Hat der Verein in dieser Situation tatsächlich die Dienste der Hells Angels angefordert? Arthur sagt, er könnte das verstehen. Er nennt die Hells Angels „Jungs“. Viele von denen, die am Sonntag mit Armbinden ausgestattet gegnerische Fans bedroht und wiederholt angerempelt haben sollen, seien seit Jahren Scorpions-Fans und hätten teils Dauerkarten.

So geballt und als zusammengehörige Gruppe aufgetreten wie am Sonntag seien die Hells Angels bei einem Scorpions-Spiel allerdings vorher noch nicht. Fans berichteten, die Rocker hätten teils Knöpfe im Ohr und Funkgeräte dabeigehabt, mehr zu den Ereignissen vom Sonntag lesen Sie hier.

Wiebe bestätigt, dass Hells-Angels-Mitglieder schon lange zu den Anhängern der Hannover Scorpions zählen. „Die laufen da eh rum“, sagt er. Wie sich die Sache dann aber entwickelte, missfiel ihm. Er trat, auch aus andren Gründen, am Mittwoch der vergangenen Woche von allen Ehrenämtern im Verein zurück – also noch vor dem Aufreger-Spiel.

Menschenhandel und Gewaltverbrechen

Die Hells Angels werden immer wieder mit brutaler Gewalt, Menschenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung und Morden in Zusammenhang gebracht. Ihr Hannoveraner Charter hatte sich 2012 offiziell selbst aufgelöst, nachdem der niedersächsische Landtag einstimmig für die Prüfung eines Verbotsverfahrens gestimmt hatte. Der damalige Chef der Gruppierung, Frank Hanebuth, war früher Profi-Schwergewichtsboxer und stieg dann zur Rotlichtgröße auf. 2001 wurde er zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er ein Bandenmitglied fast totgeprügelt hatte.

2012 ermittelte die Polizei gegen ihn, weil er einen Mord in Auftrag gegeben haben sollte. Die GSG 9 stürmte sein Anwesen, insgesamt waren bei der Großrazzia in Norddeutschland 1.200 Beamte im Einsatz.

Nur: Nachweisen ließ sich der Mordauftrag nie. Hanebuth, den eine Freundschaft mit seinem bestens vernetzten Anwalt Götz von Fromberg verbindet und der Dank diesem in Hannoveraner Kreise kam, in denen etwa auch Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer, Ex-Tui-Chef Michael Frenzel, Scorpions-Sänger Klaus Meine oder Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder verkehren, entging der Justiz.

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