Nach der Festnahme im Fall Fabian stehen die Ermittler vor einer schwierigen Aufgabe: Sie sollen der tatverdächtigen Frau die Tat nachweisen. Ein Kriminologe erklärt, wie das gelingen kann.

Christian Matzdorf ist Professor für Kriminalistik und war 30 Jahre lang für die Berliner Polizei tätig. Im Interview mit t-online erklärt er, worauf es jetzt ankommt – und welche Fehler verheerend sein könnten.

t-online: Herr Professor Matzdorf, am Donnerstag hat die Polizei im Fall Fabian eine Frau wegen Mordverdachts festgenommen. Am Freitag wurde sie in die Justizvollzugsanstalt (JVA) gebracht. Was passiert in den kommenden Tagen?

Christian Matzdorf: Die Ermittler werden versuchen, den angenommenen Tathergang durch Befragungen der Hauptverdächtigen zu bestätigen oder zu falsifizieren. Diese Vernehmungen können auf der Polizeidienststelle stattfinden, aber auch in der JVA. Das hängt auch immer davon ab, wie groß das Fluchtrisiko in diesem Fall ist oder ob eine Ortsbegehung notwendig wird.

Sie haben schon etliche Vernehmungen in ihrem Berufsleben bei der Berliner Polizei durchgeführt. Wie blickt man einer mutmaßlichen Mörderin in die Augen?

Ich habe schon viele Vernehmungen mit Menschen gemacht, deren Welt ich nicht betreten kann. Da ging es um Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs oder Kindstötungen. Früher waren die Ermittlungsmethoden rabiater, da wurde geschrien, Verdächtige wurden eingeschüchtert. Die Gesprächsatmosphäre war nicht selten bedrohlich, was gegebenenfalls sogar nicht rechtsstaatlich war. Heute sind wir weiter: Es geht darum, eine neutrale, professionelle Atmosphäre zu schaffen, um den Sachverhalt so gut wie möglich „auszuermitteln“. Das sollte das oberste Ziel jeder Vernehmung sein.

Das heißt, es schadet unter Umständen auch nicht, freundlich zu Verdächtigen zu sein?

Ich möchte ein Beispiel nennen: Ich habe einmal einen Mann vernommen, der regelmäßig Kinder missbraucht hat. Dieser Mann war aber durchaus eloquent und freundlich und stellte sein Tatverhalten aus seiner ganz persönlichen Perspektive dar. Wenn ich in solch eine Vernehmung reingehe und von Anfang an eine Atmosphäre schaffe, die es dem Verdächtigen gar nicht möglich macht, sich mitzuteilen, dann kann es im schlimmsten Fall passieren, dass am Ende wichtige Informationen für eine Verurteilung fehlen. Vor dem Hintergrund ist es durchaus richtig, die Menschen mit einer professionellen Verbindlichkeit anzusprechen. Und vielleicht auch mit einer gewissen Freundlichkeit, ja.

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