Ein Wechsel, wie es ihn schon lange nicht mehr gab: Die Grünen-Abgeordnete Melis Sekmen wechselt in die CDU. Das ist erlaubt, ihre Ex-Partei fordert sie aber auf, das Mandat niederzulegen.

Mitten in den politischen Auseinandersetzungen zwischen Union und Grünen wechselt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen in die Unionsfraktion. „Meine Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses“, bestätigte Sekmen der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte das Nachrichtenportals „Table Media“ berichtet.

Die 30-Jährige sprach von einem „Schritt nach vorne“ und ergänzte: „Meine Vorstellung darüber, wie und in welchem Stil Politik gemacht wird, hat sich weiterentwickelt.“ Der Kreisverband Mannheim fordert sie nun auf, ihr Mandat niederzulegen: „Melis Sekmen ist über die Grüne Landesliste in den Bundestag eingezogen“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir fordern deshalb, dass Melis Sekmen ihr Bundestagsmandat abgibt, so dass eine andere Person der gewählten Grünen Liste statt ihr im Bundestag vertreten sein kann.“

Generell ist ein solcher Wechsel möglich, wie bekannte Beispiele zeigen: Gustav Heinemann war in den 1950ern CDU-Mitglied, wechselte dann aber zur SPD und wurde 1969 Bundespräsident. Auch Otto Schily startete bei den Grünen und trat dann in die SPD ein. Selten ist es dennoch.

Für Parteien ist eine solche Entscheidung besonders ärgerlich, denn die Politikerinnen und Politiker sind nicht dazu verpflichtet, ihr Mandat nach Austritt aus einer Partei niederzulegen. Sie nehmen ihre Stimmen also mit. Das Bundesverfassungsgericht musste nie über einen solchen Fall entscheiden, denn laut Artikel 38 des Grundgesetzes „sind [Politiker] Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“.

Die Unionsfraktion konnte zuletzt Ende 1996 einen Zugang aus einer anderen Fraktion verbuchen. Damals war die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld ebenfalls von den Grünen zur Union gewechselt. Ende vergangenen Jahres trat Lengsfeld, die von 1990 bis 2005 im Bundestag saß, aus der CDU aus. Nach dem Ausscheiden der CSU-Abgeordneten Andreas Scheuer und Stefan Müller im April und Mai hatte die CDU/CSU-Fraktion zuletzt 195 Abgeordnete.

Im Bundestag ist Sekmen Obfrau der Grünen im Wirtschaftsausschuss und seit 2022 Vorsitzende des Parlamentskreises „Gründungen & Start-ups“. Seit 2011 ist die Abgeordnete Grünen-Mitglied, von 2011 bis 2014 war Sekmen Sprecherin der Grünen Jugend in ihrer Heimatstadt. 2014 wurde sie in den Mannheimer Gemeinderat gewählt, von 2019 bis 2022 war sie dort Fraktionsvorsitzende.

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