Die Attacke von Hoeneß auf Tuchel kommt für Bayern zur Unzeit und sorgt für Unverständnis. Ausgerechnet zwei große Kritiker unterstützen den Chefcoach.

Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl

Dass die Generalprobe des FC Bayern für das Halbfinalhinspiel am Dienstag in der Champions League gegen Real Madrid nur eine Nebensache sein würde, war ohnehin klar. Dass der 2:1-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt und mit ihm alles andere aber schon vor dem Anpfiff derart in den Hintergrund gedrängt werden würde, damit war aber nicht zu rechnen. Nachdem Bayerns scheidender Cheftrainer Thomas Tuchel im Sky-Interview vor dem Spiel aber auf die heftige Kritik reagiert hatte, die Bayerns Klubpatron Uli Hoeneß zuvor an ihm geübt hatte, war das allerdings unvermeidlich.

Nein, mit einer solchen persönlichen Attacke konnte Tuchel nun wirklich nicht rechnen. Sie traf ihn dermaßen hart, dass er gar nicht anders konnte, als genauso deutlich darauf zu reagieren.

„Da habe ich sehr wenig Verständnis für. Ich find’s absolut haltlos, aber okay“, sagte er also. „Das ist so weit an der Realität vorbei, dass ich eigentlich gar nicht darauf reagiert hätte, wenn es nicht von Uli Hoeneß gekommen wäre.“ Das Problem: Genau der hatte ihn aber mit seiner ganz persönlichen Abteilung Attacke ins Visier genommen.

Wegen Hoeneß: Tuchel „in meiner Trainerehre verletzt“

Von einem Podiumsgespräch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am Freitagnachmittag war der mit brisanten Vorwürfen Richtung Tuchel zitiert worden. „Wir möchten einen Trainer haben, der die einzelnen Spieler verbessert. Das ist auch der Vorwurf!“, sagte Hoeneß. Mit Tuchel habe er privat zwar überhaupt kein Problem. „Aber: Er hat eine andere Einstellung!“, so Hoeneß weiter. „Nicht, dass man den Pavlović verbessern kann, dass man den Davies verbessern kann. Sondern: Wenn’s nicht weitergeht, dann kaufen wir!“

Hoeneß unterstellte dem Fußballlehrer also, keine Talente weiterentwickeln zu können und zu wollen. Das konnte Tuchel, unter dem sich der 18 Jahre alte Pavlović übrigens vom Nobody zum Nationalspieler entwickelt hat, freilich so nicht stehen lassen.

Er sei „in meiner Trainerehre verletzt, das kratzt mein tiefstes Verständnis als Trainer an. Denn wenn wir im Trainerteam etwas in den letzten 15 Jahren nachgewiesen haben“, fuhr Tuchel fort, „dann, dass junge Spieler, vor allem aus der Akademie, immer einen Platz bei uns im Training haben und über Leistung immer einen Platz auf dem Platz haben. Das haben wir übrigens auch jetzt bewiesen.“

Tuchel mit Plädoyer in eigener Sache

Tuchel verwies auf eine sehr lange Liste und zählte zahlreiche Beispiele bei allen seinen bisherigen Trainerstationen auf. Was mit den Bruchwegboys um Andre Schürrle, Lewis Holtby, Adam Szalai und Jan Kirchhoff damals begonnen habe, hätte sich in Dortmund mit Felix Paslack, Julian Weigl, Ousmane Dembélé und Paris mit Stanley Nsoki, Christopher Nkunku, Moussa Diaby, Tanguy Niassou. Auch beim Champions-League-Sieg mit dem FC Chelsea sei die Akademie „eine tragende Säule gewesen. Alles Beispiele, die zweifellos für Tuchel und seine Fähigkeiten, sehr wohl immer wieder junge Spieler zu entwickeln sprechen.

Tuchel erwähnte auch, dass er erst in der vergangenen Woche den 18-jährigen Lovro Zvonarek beim 5:1 bei Union Berlin für seinen Trainingseifer belohnt habe. Das kroatische Talent wechselte er übrigens auch gegen Frankfurt wieder in der 81. Minute ein – mit den besten Grüßen an Uli Hoeneß, der auf der Tribüne saß.

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