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Während „Rachereisen“ zu einer Wiederbelebung der europäischen Beherbergungsbranche geführt haben, ist der Weg in die Zukunft holprig. Die Unterstützung kleinerer Unternehmen ist der Weg, den kulturellen Reichtum der europäischen Hotellandschaft zu bewahren, schreibt Peter Lochbihler.

Haben Sie im Jahr 2023 mehr Urlaubsreisen unternommen als in jedem anderen Jahr, an das Sie sich erinnern können? Ich jedenfalls habe das getan. Branchenkenner haben dieses Phänomen „Rachereisen“ genannt, und es hat wirklich für Aufsehen gesorgt.

Während die europäische Hotel- und Gaststättenbranche durch den Sommer 2023 navigierte, pulsierte eine neue Energie durch Urlaubsorten und unentdeckte Reiseziele in ganz Europa.

Kurz vor Beginn der geschäftigen Reisesaison zeigt eine Umfrage unter über tausend Hoteliers, dass in der Beherbergungsbranche neues Vertrauen und Optimismus herrscht.

Wir sind ein datengetriebenes Unternehmen und immer hungrig nach Wissen. Um ein tieferes Verständnis für die Kräfte zu bekommen, die den Reisesektor prägen, haben wir uns mit Statista zusammengetan, um herauszufinden, was Hoteliers schlaflose Nächte bereitet.

In der neuesten Ausgabe des European Accommodation Barometer haben wir festgestellt, dass Hoteliers große Erwartungen für die kommende Reisesaison äußern – und zwar in einem erstaunlichen Verhältnis von 16 zu 1: 65 % äußern positive Erwartungen und nur 4 % negative.

Dies steht in krassem Gegensatz zu dem, was wir im Jahr 2022 erlebten, als die Erstausgabe veröffentlicht wurde und das Verhältnis von Optimismus zu Pessimismus für die Zukunft bei zwei zu eins lag.

Das Wiederaufleben der optimistischen Stimmung war jedoch nicht auf dem gesamten Kontinent gleichmäßig zu spüren. Während nordische und spanische Hotels eine stark positive Prognose meldeten, die sich in einer hohen Auslastung und steigenden Zimmerpreisen widerspiegelte, reagierten die Hoteliers in Frankreich und Deutschland verhalten.

Dies ist nicht mit einer negativen Einstellung zu verwechseln, sondern eher mit einer Abkühlung der Begeisterung im Vergleich zu 2023.

Diese Variabilität ist in allen Regionen sowie bei allen Arten und Größen von Immobilien erkennbar und veranschaulicht die dynamische und oft fragmentierte Natur der Reisebranche, in der kein einzelnes Touristenziel, Reiseunternehmen oder Vertriebskanal dominiert.

Wieder einmal war die positive Stimmung unter den Kettenhotels besser als unter den unabhängigen Hotels. Es geht nicht nur darum, die Zimmer zu füllen, sondern auch darum, dabei profitabel zu sein. Kettenhotels nutzen die globale Präsenz ihrer Marke, den Zugang zu Kapital, firmeneigene Technologien und exklusive Treueprogramme, um Gäste anzulocken.

Es geht um die Kleinen und Unabhängigen unter uns

Kleinere und unabhängig geführte Hotels haben keinen Zugang zu den geschlossenen Systemen der größeren Ketten und sind daher angesichts der zunehmenden Bedeutung von Gästen aus dem Ausland im Nachteil.

Unterkünfte, die unabhängig bleiben möchten, können diese Lücken jedoch durch Partnerschaften mit Technologieunternehmen schließen. Tatsächlich hat eine Forschungsarbeit einer Gruppe führender Wissenschaftler unserer Branche ergeben, dass Hotels, die auf digitalen Plattformen gelistet sind, insgesamt eine höhere Rentabilität aufweisen, und je kleiner die Immobilie ist, desto ausgeprägter ist der positive Effekt.

Unabhängige Unterkünfte können ihre globale Sichtbarkeit steigern und den Mangel an Markenbekanntheit durch verifizierte Kundenbewertungen ausgleichen – Reisende erachten diese als wichtiger als herkömmliche Sternebewertungen.

Unabhängige Hoteliers lagern einen Teil ihrer Verwaltungsaufgaben an Konnektivitätsanbieter aus, setzen Channel-Management-Software ein und investieren in Social-Media-Marketing, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Das Beherbergungsbarometer zeigt, dass kleinere Betriebe trotz ihrer Agilität und Anpassungsfähigkeit sensibler auf Veränderungen im Verbraucherverhalten reagieren und große Erwartungen in Bezug auf staatliche Unterstützung haben.

Beherbergungsbetriebe in der gesamten EU äußerten den Wunsch nach gezielten Maßnahmen, etwa einer Senkung der Mehrwertsteuer für tourismusbezogene Dienstleistungen, Investitionen in die lokale Infrastruktur und der Unterstützung nachhaltiger Geschäftspraktiken.

Kleinere Hotels sind stärker an die lokale Infrastruktur angebunden und es überrascht nicht, dass sie lautstark Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr und Investitionen in den ländlichen Tourismus fordern.

Es ist Zeit für uns, enger zusammenzuarbeiten

Angesichts der steigenden Betriebskosten und der anhaltenden Auswirkungen des Klimawandels – insbesondere in Regionen, die anfällig für extreme Wetterbedingungen sind – geraten viele KMU im Gastgewerbe unter Druck.

Eine proaktive Regierungspolitik, die Nachhaltigkeitsinitiativen unterstützt und finanzielle Entlastung bietet, könnte einen wesentlichen Beitrag zum Überleben und Wachstum dieser Unternehmen leisten.

Unsere bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass größere, zu Ketten gehörende Unternehmen die Regierungspolitik vorteilhafter finden als kleinere, unabhängig geführte Hotels.

Als Interessenvertreter der Reisebranche können und sollten wir enger zusammenarbeiten, um einen wettbewerbsfähigen, vielfältigen und widerstandsfähigen europäischen Beherbergungssektor zu fördern. Indem wir große und kleine Beherbergungsbetriebe unterstützen, können wir das einzigartige kulturelle Gefüge des europäischen Tourismus bewahren und das Wirtschaftswachstum fördern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Rachereisen“ zwar zu einer Wiederbelebung der europäischen Beherbergungsbranche geführt haben, der Weg in die Zukunft jedoch holprig ist. Die Unterstützung kleinerer Unterkünfte ist der Weg, den kulturellen Reichtum der europäischen Hotellandschaft zu bewahren.

Peter Lochbihler ist Global Head of Public Affairs bei Booking.com.

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