DIW-Studie

Hier lässt Deutschland Milliarden liegen


07.11.2025 – 15:39 UhrLesedauer: 2 Min.

Euroscheine: 400 Milliarden Euro wechseln jährlich steuerbegünstigt den Besitzer. (Quelle: Rmcarvalho/getty-images-bilder)

In Deutschland werden jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro vererbt, doch nur ein Bruchteil wird besteuert. Forscher haben nun berechnet, wie stark der Staat von einer Reform der Erbschaftsteuer profitieren könnte.

In Deutschland werden jedes Jahr Vermögen in dreistelliger Milliardenhöhe vererbt oder verschenkt. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) beläuft sich das Steueraufkommen aus der Erbschaftsteuer jedoch nur auf rund zwölf Milliarden Euro jährlich. Das Institut hat im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen untersucht, wie sich verschiedene Reformmodelle auf Einnahmen und Verteilung auswirken würden.

Ziel der Szenarien seien, so das DIW, „eine gerechtere Verteilung der Steuerlast und die Reduzierung von Steuervergünstigungen“. Besonders im Fokus stehen Begünstigungen für Unternehmensvermögen und vermietete Wohnungen, die derzeit weitgehend steuerfrei übertragen werden können.

Das Institut hat simuliert, was passiert, wenn diese Ausnahmen gestrichen werden. Das Ergebnis: Das Erbschaftsteueraufkommen würde um 7,8 Milliarden Euro oder 65 Prozent auf dann knapp 20 Milliarden Euro steigen.

Rund 6,1 Milliarden Euro dieser Mehreinnahmen würden laut DIW aus Erbschaften und Schenkungen im Wert von über fünf Millionen Euro stammen. Die Zahl der Steuerpflichtigen würde um 8.100 Fälle (4,5 Prozent) zunehmen. Diese Reformvariante ist laut der Studie das wirksamste Szenario, um das Aufkommen zu erhöhen, ohne die Grundstruktur der Steuer zu verändern.

Politisch stützen die Ergebnisse die Linie der Grünen, die seit Langem eine Reform fordern. Die Partei will die Vergünstigungen für Unternehmens- und Immobilienvermögen abschaffen, zugleich aber eine Stundung ermöglichen, damit Betriebe die Steuer über mehrere Jahre begleichen können.

Andere Parteien liebäugeln mit einer sogenannten Flat Tax, also einem einheitlichen Steuersatz oberhalb der Freibeträge. Doch das DIW warnt: Ein pauschaler Satz von zehn Prozent würde das Steueraufkommen um 4,4 Milliarden Euro verringern – ein Minus von 36 Prozent. Erst bei 15 Prozent wäre die Reform aufkommensneutral.

Anders sehe es bei einer progressiven Staffelung aus – mit höheren Sätzen für Erbschaften oberhalb von zehn Millionen Euro. So ließe sich das Aufkommen deutlich steigern, ohne Familienbetriebe übermäßig zu belasten.

Auch die SPD hat ein eigenes Konzept eingebracht: einen Lebensfreibetrag. Danach wären bis zu 1,5 Millionen Euro steuerfrei, alles darüber hinaus würde mit 25 Prozent besteuert.
Das DIW hat auch dieses Modell durchgerechnet – mit ernüchterndem Ergebnis: Das Steueraufkommen würde um 1,8 Milliarden Euro sinken, die Zahl der Steuerzahler um 94 Prozent.

Hinter der Debatte steht ein grundlegendes Problem: Die Vermögenskonzentration nimmt zu. Laut DIW stammen mehr als 60 Prozent der steuerpflichtigen Erbschaften aus den obersten zehn Prozent der Vermögenden. Gleichzeitig besitzt ein Drittel der Bevölkerung kaum oder gar kein Vermögen.

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