Robin Koch droht das Schicksal, eine zweite EM in Folge ohne eine Minute auf dem Spielfeld verbracht zu haben. Hat Bundestrainer Julian Nagelsmann noch ein Einsehen?

Es gab sie schon mehrfach in der deutschen Fußballgeschichte: Spieler, die es in den DFB-Kader für ein großes Turnier schafften, dann aber nie zum Einsatz kamen.

Die älteren Fans werden sich an Günter Hermann erinnern, der ohne Einsatz beim WM-Titelgewinn 1990 geblieben war und seitdem zum Synonym für den typischen Ersatzspieler wurde. Man kann aber auch nur anderthalb Jahre zurückgehen, zur Winter-WM 2022 in Katar. Damals schauten mit Julian Brandt, Karim Adeyemi, Armel Bella-Kotchap und Christian Günter gleich fünf Feldspieler in die Null-Minuten-Röhre.

Bei der laufenden Heim-EM könnte dieses Schicksal – ausgenommen sind in solchen Aufzählungen in der Regel die Ersatztorhüter – nun Robin Koch von Eintracht Frankfurt treffen. Und das schon zum zweiten Mal in Folge. Denn Koch durfte schon bei der vergangenen EM keine einzige Minute spielen. Damals teilte er dieses Schicksal allerdings mit vier weiteren Feldspielern (Christian Günter, Lukas Klostermann, Jonas Hofmann und Florian Neuhaus).

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat es in den letzten zwei Turnierwochen und vier Spielen geschafft, seine Spieler bei Laune zu halten und fast allen zumindest ein paar Einsatzminuten zu geben. Thomas Müller zum Beispiel bekam im ersten Gruppenspiel gegen Schottland 16 Minuten in seinem Heimstadion in München geschenkt, im Achtelfinale gegen Dänemark brachte Nagelsmann mit Niclas Füllkrug und Emre Can gleich zwei BVB-Stars von der Bank – vor heimisches Publikum in Dortmund. Und Deniz Undav und Chris Führich durften zuvor in ihrer sportlichen Heimat Stuttgart ran.

Koch blieb ein Einsatz in seiner Wahlheimat Frankfurt beim dritten Gruppenspiel gegen die Schweiz verwehrt – wahrscheinlich, weil das Spiel (1:1) lange auf der Kippe stand. Am Samstag kamen in Dortmund mit Benjamin Henrichs und Waldemar Anton zwei Spieler spät in die Partie, die zuvor ebenfalls durchgängig zuschauen mussten.

Julian Nagelsmann verteilt kleine Belohnungen an seine Spieler, schafft so aber auch Reibungspunkte im positiven Sinne. „Mit Ausnahme von Robin Koch hatte jetzt jeder einen Einsatz“, sagte Nagelsmann nach dem Sieg gegen Dänemark. Was er damit meinte: Der Kampf um die Startplätze ist in Bewegung geraten.

Ob Robin Koch noch zu Einsatzminuten und seinem EM-Debüt kommen wird? Die Chancen vor dem Achtelfinale standen zumindest gut. Jonathan Tah war gesperrt, Antonio Rüdiger angeschlagen. Am Ende schaffte es Rüdiger aber rechtzeitig, Nico Schlotterbeck rutschte in die Innenverteidigung, Waldemar Anton wurde eingewechselt. Und Koch musste zuschauen.

Wie Koch das selbst sieht, erklärte Sportvorstand Markus Krösche, der mit ihm in Kontakt stehen soll, in der „Bild“: „Robin ist total entspannt, er freut sich, dass er dabei ist. Und er ist ein wichtiges Teil der Gruppe, sonst hätte sich Julian nicht gegen den vierten Torwart und für ihn entschieden. Ich bin überzeugt, dass er noch zu seiner Einsatzzeit kommen wird.“

Es war lange unklar, ob Koch überhaupt dabei sein würde, seine Kadernominierung daher eine Überraschung. Koch hatte am Ende sogar Mats Hummels bei einem Platz für die Heim-EM ausgestochen.

„Ich bin mir schon meiner Rolle bewusst. Es gibt aber ein paar Spieler, die zittern müssen und sich nicht sicher sein können, fix bei der EM dabei zu sein“, hatte Koch kurz vor der offiziellen Kaderbekanntgabe zu t-online gesagt (das ganze Interview lesen Sie hier). „Ich befand mich in den Wochen vor der Nominierung in einer Situation, in der ich mir nicht 100 Prozent sicher sein konnte, Teil des vorläufigen Kaders zu sein. Die Erleichterung war dann entsprechend groß.“

In den endgültigen Kader hat es Robin Koch am Ende geschafft, jetzt fehlen nur noch ein paar Einsatzminuten auf dem Platz. Mindestens ein Spiel bleibt ihm dafür noch. Am Freitag spielt Deutschland das Viertelfinale. Vielleicht hat sich Julian Nagelsmann schon etwas überlegt.

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