EU-Parlament verbietet beliebte App: Das macht TikTok so gefährlich | Leben & Wissen

Neben den USA und Kanada hat jetzt auch das EU-Parlament seinen rund 8000 Mitarbeitern die Nutzung des Onlinediensts TikTok auf Dienstgeräten verboten. Die App darf ab dem 20. März auf Parlaments-eigenen Geräten wie Handys und Tablets „nicht genutzt oder installiert werden“, heißt es in einem Schreiben der Generaldirektion für Innovation und technische Unterstützung an die Mitarbeiter.

Auf Geräten, auf denen der Onlinedienst bereits installiert wurde, muss er „so schnell wie möglich“ deinstalliert werden. Auch der Zugang zu TikTok über Computer und Laptops des Parlaments wird gesperrt. Abgeordneten und Angestellten wird „dringend empfohlen“, den Onlinedienst auch von ihren persönlichen Geräten zu entfernen.

Bereits am Montag entschied das Weiße Haus, dass alle Mitarbeiter der Bundesbehörden innerhalb von 30 Tagen die App von ihren Diensthandys löschen müssen.

Der Grund sind massive Sicherheitsbedenken. Viel Alarm um eine App, die bei weltweit einer Milliarde Nutzern beliebt ist. Was konkret macht TikTok so gefährlich?

Massive Datenschutzbedenken

Die Beamten der Europäischen Kommission gehören nicht gerade zur Kern-Zielgruppe von TikTok. Der Kurzvideo-Dienst aus dem chinesischen Bytedance-Konzern ist mit seinen viral verbreiteten Inhalten vor allem bei Teenagern beliebt, die sich um die Sicherheitsbedenken der Regierungen weniger Sorgen machen. Doch nach der Anweisung, TikTok von den Diensthandys zu löschen, steht erneut ein generelles TikTok-Verbot in den westlichen Ländern im Raum.

Grund sind vor allem Datenschutzbedenken und Befürchtungen über einen Zugriff des chinesischen Staates auf Bytedance, den chinesischen Mutterkonzern von TikTok.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sieht die App kritisch. Bereits im Juni 2021 empfahl der Datenschützer den Bundesministerien und -behörden, sie nicht auf dienstlichen Geräten einzusetzen. Das Ergebnis einer angekündigten umfangreichen Analyse steht allerdings noch aus.

Härter fällt das Urteil von Rüdiger Trost aus, der bei der Sicherheitsfirma WithSecure arbeitet: Er schätze TikTok als „sehr gefährlich“ ein, so der Experte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Der Algorithmus von TikTok benachteiligt gezielt Individuen, die nach westlichem Verständnis eines besonderen Schutzes bedürfen.“ So würden etwa Videos von Behinderten hier gezielt seltener ausgespielt.

Als problematisch sieht Trost auch die Verbindung zur Regierung des Herkunftslandes: „Ereignisse, die dem chinesischen Staat nicht gefallen, fallen der Zensur zum Opfer.“ Vieles an TikTok sei mit dem westlichen Verständnis von Menschenwürde, Gleichberechtigung, freier Meinungsäußerung und Minderheitenschutz nicht in Einklang zu bringen. „Mindestens so groß wie die Gefahr vor Spionage ist das Risiko einer gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in westlichen Gesellschaften. Nicht zuletzt vor Wahlen.“

Diskussion über generelles Verbot in den USA

TikTok wehrt sich regelmäßig gegen Vorwürfe. Sprecher des Konzerns behaupten immer wieder, die Daten der Anwender aus den USA würden in den Vereinigten Staaten verarbeitet, Back-up-Server befänden sich in Singapur. Außerdem sei die App unabhängig vom in Peking sitzenden Firmenteil von ByteDance.

In den USA ist mittlerweile ein generelles TikTok-Verbot im Gespräch. Der renommierte US-Sicherheitsexperte Bruce Schneier hält diese Verbotspläne für „eine schreckliche Idee“. „Die Nebenwirkungen wären unerträglich“, schrieb Schneier in seinem Blog. Am Ende würden alle wirksamen Optionen (für ein Verbot von TikTok) das freie Internet, wie wir es kennen, zerstören.

Es bestehe kein Zweifel, dass TikTok und ByteDance zwielichtig seien, schrieb Schneier weiter. „Sie arbeiten, wie die meisten großen Unternehmen in China, im Auftrag der chinesischen Regierung. Sie sammeln extrem viele Informationen über ihre Nutzer.“

Aber TikTok sei nicht allein. Der Experte setzt sich für ein wirksames Datenschutzgesetz in den USA ein, mit dem die Verbraucher langfristig geschützt werden könnten, „und nicht nur vor der App der Woche.“

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