Bei Real Madrid ist Toni Kroos der unumstrittene Anführer. Und damit zum größten Fehler der Bayern-Bosse geworden. Auch Hoeneß muss Abbitte leisten.

Aus Madrid berichtet Julian Buhl

Dass Toni Kroos ihm bei der Vorbereitung auf das Halbfinal-Rückspiel des FC Bayern Kopfzerbrechen bereitet, daraus machte Thomas Tuchel erst gar kein Geheimnis. „Toni ist seit Jahren ein Schlüsselspieler bei Real Madrid, was man gar nicht hoch genug bewerten kann. Er geht mühelos mit dem Druck um, dieses Trikot zu tragen und für diesen Klub auf diesem Niveau zu spielen“, sagte Bayern-Coach Tuchel, als er bei seiner Abschlusspressekonferenz im Estadio Santiago Bernabéu von t-online auf dessen Rolle und Stellenwert bei den „Königlichen“ angesprochen wurde.

„Er hat Trophäen eingesammelt ohne Ende“, fuhr Tuchel fort und geriet voller Bewunderung ins Schwärmen. „In der Liga und der Champions League ist das ganz hervorragend auf seine ganz eigene, feine Art und Weise, Fußballspiele zu dominieren“, sagte Tuchel. „Er gibt den Spielrhythmus von Real Madrid vor.“

Klar, dass ein Hauptaugenmerk von Tuchel also darauf liegen muss, Kroos zu stoppen. „Wir sind darauf vorbereitet und hoffen, dass wir morgen ein bisschen das Sandkorn in Tonis Passmaschinerie sind“, sagte Tuchel.

Stielike schwärmt von Kroos: „Übersicht und Präzision“

Auch für den ehemaligen Real-Profi und DFB-Trainer Uli Stielike steht Kroos‘ enorme Bedeutung für seine Mannschaft und seinen Verein außer Frage. „Zwei Dinge sprechen für sich selbst. Zum einen die langjährige Zugehörigkeit als ausländischer Spieler in einem Klub wie Real Madrid“, sagte Stielike zu t-online. „Zum anderen auch die Vorbereitung des ersten Tors in München – mit welcher Übersicht und Präzision er diesen Treffer eingeleitet hat.“

Die zwischenzeitliche 1:0-Führung hatte Kroos mit einem Traumpass durchs Zentrum auf Torschütze Vinícius Junior perfekt vorbereitet – seine insgesamt 97. Torvorlage für Real bei bisher 28 eigenen Treffern. Stielike weiß, wovon er spricht. Schließlich spielte er einst selbst von 1977 bis 1985 acht Jahre lang für Real. Mit 308 Einsätzen wurde der 69-Jährige zum deutschen Rekordspieler bei Real.

Bis Kroos, der 2014 aus München nach Madrid wechselte, ihn übertrumpfte. Am Mittwochabend wird er nun sein 461. Pflichtspiel für den spanischen Hauptstadtklub absolvieren und dessen Ausgang des Halbfinals entscheidend mitbestimmen. Das hatte er schon in der vergangenen Woche beim Hinspiel (2:2) in der Allianz Arena eindrucksvoll getan.

Kroos trifft Bayern mitten ins Herz

Mit seinem Steilpass durchs Zentrum traf Kroos seinen Ex-Klub mitten ins Herz. „Es hat mich ein wenig erschreckt, dass er in der Lage war, den Ball aus dieser Entfernung und durch unsere gesamte Abwehr zu spielen“, sagte Karl-Heinz Rummenigge anerkennend der spanischen „AS“.

Die Entscheidung, Kroos‘ Vertrag nicht zu verlängern und ihn stattdessen 2014 als frisch gekürter Weltmeister für gerade einmal 25 Millionen Euro nach Madrid ziehen zu lassen, hatten der ehemalige Vorstandsboss Rummenigge und Ex-Präsident Uli Hoeneß damals maßgeblich mitzuverantworten. Mittlerweile dürften die Bayern-Bosse dies bitter bereut haben. Von den Münchner Bossen wurde Kroos damals nicht als Unterschiedsspieler, sondern eher als Mitläufer gesehen.

Der damalige Trainer Pep Guardiola sah mehr in ihm und wollte ihn eigentlich unter keinen Umständen abgeben. Kroos trotzdem gehen zu lassen, entpuppte sich als vielleicht größter Fehler der Bosse.

Der heimliche König der „Königlichen“

Nach dem Triumph mit Bayern 2013 hat Kroos mit Real mittlerweile nämlich noch vier weitere Male (2016, 2017, 2018, 2022) die Champions League gewonnen, was vor ihm noch kein anderer deutscher Spieler schaffte.

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