Min-jae Kim kam im Sommer für viel Geld nach München. Doch aktuell ist er mehr ein Unsicherheitsfaktor. Mit seinen Patzern gegen Real bringt er Tuchel in Rage.

Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl

Es war kurz vor Mitternacht, als Min-jae Kim mit gesenktem Kopf durch die Katakomben der Allianz Arena lief. Vor den dort in der Mixed Zone wartenden Reportern stoppte er nicht – das war nach seinen schweren Patzern, die beim 2:2 des FC Bayern gegen Real Madrid jeweils ein Gegentor zur Folge hatten, aber auch nicht anders zu erwarten. Mit traurigem Blick schaute der Südkoreaner im Vorbeigehen Richtung Ausgang zu den Journalisten aus seinem Heimatland. Er lächelte verlegen und sagte nur einen einzigen Satz in seiner Landessprache: „Es tut mir so leid.“

Kim selbst beschäftigten seine unerklärlichen Aussetzer, für die er sich damit entschuldigte, offenbar am allermeisten. Denn er, daran bestand keinerlei Zweifel, hatte Bayern den möglichen und schon greifbaren Sieg im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gekostet – und bekam dafür die t-online-Note sechs.

Der Ausfall des am Knie verletzten Niederländers Matthijs de Ligt, der die so wichtige Partie am Dienstagabend nur in Zivil als Zuschauer auf der Tribüne verfolgen konnte, hatte fatale Folgen. Denn Kim erwies sich einmal mehr nicht als gleichwertiger Ersatz zu dem schmerzlich vermissten Niederländer, der in den vergangenen Wochen noch gemeinsam mit Eric Dier ein stabiles Abwehrduo gebildet hatte.

Kim als Sicherheitsrisiko für Bayern

Kim war dagegen ganz klar ein Sicherheitsrisiko im Bayern-Spiel. Und vor allem Real Madrids Vinícius Júnior nutzte das gnadenlos aus. Beim 0:1 (24.) ließ sich Kim von dem trickreichen brasilianischen Angreifer eigentlich ohne Not mit einer Körpertäuschung aus der Abwehrreihe nach vorne locken. Madrids Nationalspieler Toni Kroos erkannte das blitzschnell und spielte seinen Steilpass genau in diesen dadurch entstandenen Raum. Ein Pass mitten „durchs Herz“, wie Bayern-Kapitän sagte.

„Die Gegenbewegung darf Min-jae so nicht machen. Er war im vollen Sprint vor dem Pass von Kroos. Das ist zu einfach“, analysierte Tuchel. Nachdem Bayern die Partie durch ein Traumtor von Leroy Sané (53.) und einen Elfmetertreffer von Harry Kane (57.) gedreht hatte, hatten die Münchner den Sieg schon vor Augen. Kurz vor Schluss patzte Kim dann aber erneut. Beim späten 2:2 (83.) von Vinícius verschuldete er den Elfmeter mit einem plumpen Foul an Real-Angreifer Rodrygo.

„Beim zweiten Fehler hat er keine Not, das so aggressiv zu verteidigen“, kritisierte Tuchel und schilderte: „Ohne Not gibt er plötzlich die innere Bahn frei für Rodrygo. Er steht die ganze Zeit besser, und im Moment des Passes steht er falsch.“ Tuchel redete sich in Rage: „Und dann ist er schon falsch, dann kommt noch Eric Dier zum Helfen – da darf er nie, boah ey, das ist … das ist zu gierig.“

Kim wird vom „Monster“ zum Bayern-Schreck

Im vergangenen Sommer hatte Tuchel Kim noch als Wunschspieler für 50 Millionen Euro vom SSC Neapel nach München gelotst. Nicht ohne Grund, denn in Neapels Meistersaison wurde er als bester Abwehrspieler in Italiens Serie A ausgezeichnet und anerkennend als „Abwehrmonster“ bezeichnet.

Von all dem war gegen Real aber einmal mehr wenig zu sehen. Bayerns vermeintliches „Monster“ wurde stattdessen zum Bayern-Schreck und auch Tuchels Albtraum. „Da muss er durch, das passiert – und weiter geht’s“, sagte Tuchel.

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