Fahndern ist der bislang größte Schlag gegen Callcenter-Betrüger in Europa gelungen. Ein Mitschnitt eines Anrufs zeigt, wie die Täter mit ihren Horrorgeschichten operieren.

Ein Mitschnitt eines solchen Gesprächs der Betrüger liegt t-online vor: Eine Rentnerin in Hessen startete die Aufnahme auf ihrem Handy. Ausschnitte davon hören Sie im Video. Die Frau hatte schnell gemerkt, was gespielt wurde. Erlaubt ist die heimliche Aufnahme eigentlich nicht – aber die Gauner könnten gerne zur Polizei gehen und sie anzeigen, sagt sie. Nach anderthalb Stunden reichte es ihr und sie beendete das Telefonat sehr resolut. Es zeigt, wie die Gangster versuchen, einerseits Angst zu schüren und andererseits Vertrauen aufzubauen, wie sie Zeit schinden, um groß Kasse zu machen. Sie hatten die Hoffnung auf mehr als 300.000 Euro und teuren Schmuck.

Die Ausgangslage: Name und Nummer von Susanne K. (Name geändert) stehen im Telefonbuch. Darauf können die Betrüger aufbauen, als sie sich bei ihr melden: Am Morgen sei in ihrem Ort in der Nachbarschaft eingebrochen worden, eine Dame Mitte 80 dann auch noch gefesselt worden und jetzt im Krankenhaus. Von vier Tätern habe die Polizei zwei fassen können, zwei seien entwischt. Und bei den Tätern hätten sich sieben Adressen weiterer Zielobjekte gefunden – unter anderem die von Susanne K. Jetzt laufe ein großer Einsatz „mit Interpol“. Der Anruf erfolgt mit einer dänischen Vorwahl, in anderen Fällen wird aber auch schon mal die 110 vorgetäuscht. Die Polizei ruft nie mit dieser Nummer an.

Die Abfrage: Für die Anrufer geht es ja nicht nur darum, ob sie ein vermeintlich leichtgläubiges Opfer haben. Es geht auch darum, ob es etwas zu holen gibt. Sie behaupten, die gefassten Einbrecher hätten eine Aufstellung über Vermögen von Susanne K. „In den Aufzeichnungen steht auch, dass Sie ein Schließfach mit Wertsachen bei der Bank haben.“ Nun müssten sie „für das Protokoll“ aufschreiben, was das sei. Die Rentnerin Susanne K. erfindet für die Betrüger, was diese gerne hören: Im Tresor daheim würden zwölf Goldmünzen und teurer Schmuck liegen – Reaktion: „Das haben die Einbrecher auch so notiert!“. Die Täter hätten aber auch von Bargeld berichtet, behauptet der Anrufer. Susanne K. erzählt von 7.000 in bar daheim und 300.000 Euro im Bankschließfach.

Die Gesprächstechnik: In dem Fall wechseln zwei Anrufer sich ab. Wann immer Susanne K. unangenehme Fragen stellt oder klare Antworten will, gibt der eine „Polizist“ den Hörer an einen „Kollegen“ ab, bis der plötzlich wieder an den ersten Kollegen weiterleitet. Und meist geht es dann wieder an ganz anderer Stelle neu los. Die Begründung ist dann: dringendes Gespräch mit dem Staatsanwalt. Denn es laufe ja noch die Planung, wie es weitergehen soll. „Sie sind hier unmittelbar ungewollt in eine verdeckte Ermittlung geraten, eine laufende Operation.“ Zugleich suggerieren sie, die Rentnerin habe die Pflicht, mitzuwirken und die Anweisungen zu befolgen, die von der Staatsanwaltschaft kämen.

Angstmacherei: Die Anrufer erzählen, auf den bereits ausgewerteten Handys der Täter seien sogar Fotos von der Rentnerin. Und die Täter kämen aus Rumänien, „da ist auch wenig Geld sehr viel Geld, für viel Geld gehen die über Leichen“. Auch auf der Bank sei das Geld nicht sicher, die Auswertung habe gezeigt, dass ein Mitarbeiter dort durch Drogengeschäfte erpressbar sei und mit den Einbrechern zusammenarbeite. Immer wieder sagen die angeblichen Polizisten, ein Besuch der Täter könne bald bevorstehen. Und die hätten auch das Telefon angezapft, Susanne K. dürfe deshalb das Telefonat keinesfalls beenden. Susanne K. soll unter ständiger Kontrolle sein.

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